EU-Gentechnik-Gesetzgebung

30 Jahre europäische Gesetzgebung zur Bio- und Gentechnik

Die Vorgeschichte – Ein neuer Wissenschaftszweig und Wirtschaftsbereich entwickeln sich

Die wissenschaftlichen Fortschritte und der Erkenntnisgewinn in der Biologie, Genetik und Medizin sind enorm. Ein neuer Zweig in der Wissenschaft, die molekulare Genetik und Molekularbiologie entwickelt sich. Hieraus entsteht wiederum die Gentechnologie und ihr Anwendungsbereich, die Gentechnik.

Mit der Strukturaufklärung der DNA durch Watson und Crick 1953 setzt eine stürmische Entwicklung in der Forschung ein.  
1961 entschlüsseln Nirenberg und Ochoa die Transkription und auf Grundlage dieser Arbeiten wird 1965/66 der genetische Code 
durch Nierenberg und Khorana aufgeklärt.
1971 werden von Arber, Smith und Nathans die Restriktionsenzyme („Genscheren“) entdeckt. Sie ermöglichen das spezifische 
„Herausschneiden“ von Fragmenten aus der DNA. Sie sind eine der Grundlagen für die Gentechnik
1972 Berg nutzt die Restriktionsenzyme zum „spezifischen“ Schneiden von viraler (Simian Virus 40, SV 40, ein bei Affen 
tumorauslösender Virus) und bakterieller DNA (aus E. coli Plasmid). Er fügt mithilfe des Enzyms Ligase die DNA-Fragmente zu Hybriden zusammen. Mertz und Davis rekombinieren Genfragmente.
1973 benutzen Boyer und Cohen Plasmide als Vektoren zum Gentransfer. 
1973 transferieren Cohen, Chang und Boyer ein Hybrid aus viraler und bakterieller DNA in das Darmbakterium E. coli (K-12 Stamm).
 Der erste gentechnisch veränderter Organismus (GVO) wurde erschaffen. Dieser erfolgreiche Transfer kann als 
Geburtsstunde der Gentechnik angesehen werden.
Eine Mitarbeiterin von Berg beabsichtigt die gesamte genetische Information von SV 40 in E. coli (K 12 Stamm) zu transferieren. Der Versuch wurde jedoch aus Sicherheitsbedenken gestoppt und war letztlich Auslöser der 1. Asilomar-Konferenz.
1975/1977 entwickeln Maxam, Barrel, Gilbert und Sanger Methoden zur schnellen Sequenzierung von DNA. 

Wissenschaftler reflektieren über die Sicherheit und Auswirkungen ihrer Experimente und erlegen sich Regeln für den Umgang mit rekombinierter DNA auf.

Die Möglichkeiten, die sich aus den neuen Verfahren zum „Schneiden“ und Rekombinieren“ von DNA-Fragmenten sowie zum „Transferien“ von DNA bzw. von DNA-Fragmenten über Artgrenzen hinweg ergaben, lösten bei Wissenschaftlern Verunsicherungen über die Sicherheit und Auswirkungen ihrer Experimente auf andere Organismen und Menschen sowie auf die Forschenden selbst aus.
Asilomar-Konferenz 
Wird von der Asilomar-Konferenz gesprochen, denkt man fast immer an die Asilomar-Konferenz von 1975, welche in die Wissenschaftsgeschichte eingegangen ist. Aber bereits vor dieser Tagung gab es zwei weitere Konferenzen, die sich mit der Sicherheit von rekombinierter DNA (rDNA) und GVO, hier nur von Mikroorganismen beschäftigten. 

Asilomar-Konferenz 1973
Auf Initiative von Paul Berg trafen sich Wissenschaftler aus den USA im Januar 1973 auf der 1. Asilomar-Konferenz. Hier wurden mögliche Gefährdungen, die sich aus dem Umgang mit onkogenen Viren bzw. DNA aus ihnen ergeben könnten, diskutiert. 

Gordon-Konferenz 1973
Im Juni 1973 fand die “Gordon Conference on Nucleic Acids" statt. Hier wurde über Methoden zur Herstellung von rDNA, zum artübergreifenden Transfer und über Risiken, die von rDNA ausgehen könnten, diskutiert. Die versammelten Wissenschaftler verpflichteten sich freiwillig mögliche Gefährdungen zu beachten, nicht in der Natur überlebende Organismen für ihre Experimente zu verwenden und Sicherheitsmaßnahmen für Personal und Labor zu beachten. Die National Academy of Science (NAS) wird aufgefordert, eine Kommission zur Untersuchung potenzieller Risiken von r DNA einzusetzen.

Ein wichtiges Ergebnis dieser Konferenzen war der Aufruf von Berg sich einem freiwilligen Moratorium für Experimente mit rDNA zu unterwerfen, bis eine internationale Konferenz zur Bewertung der potenziellen Risiken, die sich aus dem Umgang mit rDNA ergeben könnten, abgehalten wird.
Asilomar-Konferenz 1975
Im Februar (24.-27.) 1975 fand dann die legendäre, in die Wissenschaftsgesichte eingegangene Asilomar Konferenz „ Conference on Recombinant DNA“ statt. Auf ihr diskutierten ca.150 Wissenschaftlern einschließlich Juristen und Journalisten aus 17 Staaten über potenzielle Risiken von r DNA und über Sicherheitsrichtlinien zum Arbeiten mit rDNA sowie mit GVO. Es wurden vier Risikogruppen in Abhängigkeit der möglichen Gefährdung für Mensch und Umwelt herausgearbeitet und Empfehlungen für räumliche und biochemische Sicherheitsmaßnahmen für eine unbeabsichtigte Freisetzung abgegeben. Vereinbart wurde einerseits die Fortbildung von Mitarbeitern in Sachen Molekularbiologie und die Einhaltung von Sicherheitsmaßnahmen sowie der guten Laborpraxis. Es wurde ein Verbot für Arbeiten mit hochpathogen Organismen, mit sehr großen Kulturvolumen und zum absichtlichen Freisetzen von GVO ausgesprochen. Das 1974 ausgerufene freiwillige Moratorium wurde aufgehoben.

Zusammenfassung der Konferenzen:
Berg P., Baltimore D., Brenner S., Roblin R.O., Singer M.F. (1975): Summary Statement of the Asilomar Conference on Recombinant DNA Molecules. PNAS 72(6),1981-1984
RAC - NIH-Richtlinien
Kurz nach der Asilomar-Konferenz von 1975 wurde im National Institutes of Health (NIH) das Recombinant DNA Advisory Committee (RAC) gegründet und mit der Erstellung von Richtlinien zum Umgang und Herstellung von GVO beauftragt. Ausgangspunkt waren die Empfehlungen aus der Asilomar-Konferenz 1975. Im Juli 1976 wurden dann die Richtlinien “Guidelines for Research Involving Recombinant DNA Molecules” endgültig verabschiedet. Die NIH-Richtlinien waren strenger gefasst als die Empfehlungen aus der Asilomar-Konferenz von 1975. Es enthielt konkrete Anweisungen für das Arbeiten / Umgehen mit rekombinierter DNA sowie mit GVO. Ebenso wurden die Zuständigkeiten (Betreiber und Projektleiter), das Anzeigen von Untersuchungen, das Erstellen von Hygieneplänen sowie baulichen Einrichtungen von Laboratorien geregelt. Eine Freisetzung von GVOs war ausdrücklich verboten.

Die Befolgung der NIH-Richtlinien ist für alle Einrichtungen verbindlich, die Forschungsarbeiten durchführen, die mit öffentlichen (staatlichen) Mittel gefördert werden. Private Forschungseinrichtungen und Unternehmen hielten sich schon aus haftungsrechtlichen Gründen ebenfalls an die NIH-Richtlinien. 
Guidelines des National Institutes of Health: Guidelines for Research Involving Recombinant DNA Molecules Fed. Reg. Bd41 (1976), 2791ff.

ZKBS – Genrichtlinien
In Deutschland wurde 1978 die Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS) am Bundesgesundheitsamt (BGA) eingerichtet. Die ZKBS erstellte 1978 die „Richtlinien zum Schutz vor Gefahren durch in-vitro neukombinierte Nukleinsäuren“ (Genrichtlinien). Sie orientierten sich weitgehend an den NIH-Richtlinien. Die Genrichtlinien waren nur für staatliche Einrichtungen und staatlich geförderte Forschungsprojekte verbindlich. Für gewerbliche Unternehmen fanden das Bundesimmissions- und Bundesseuchengesetz Anwendung. Die Genrichtlinien galten in ihrer 5. Fassung von 28.05.1986 bis zum Inkrafttreten des 1. Gentechnikgesetzes (GenTG) am 01. Juli 1990.
Richtlinien zum Schutz vor Gefahren durch in-vitro neukombinierte Nucleinsäuren” Bundesanzeiger Nr.56 21.03.1978

Phase 1: Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), Europäische Union (EU)

In Phase 1 (1980 -1990) wollte die Europäische Gemeinschaft einen gemeinsamen Markt mit einem freien Warenverkehr für die Mitgliedsstaaten verwirklichen und Anschluss an die wirtschaftlichen Entwicklungen in der Biotechnologie halten. Es wurde der Spagat versucht, mit gesetzlichen Regelungen eine Erleichterung für gentechnische Arbeiten zu erreichen, bei gleichzeitigem hohem Schutz von Menschen und Umwelt vor möglichen Risiken durch Anwendungen der Gentechnik (Vorsorgeprinzip). Einzelstaatliche Regelungen im Bereich der Gentechnik/Biotechnologie standen sowohl einem gemeinsamen Markt, als auch dem Biotechnologiestandort Europa entgegen. Mehre Mitgliedsstaaten ((Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Dänemark) hatten bereits die NIH-Richtlinien übernommen und/oder daraus eigene Empfehlungen für den Umgang mit rDNA und GVO (Mikroorganismen) verabschiedet.

Als erste Schritte einer Harmonisierung und zur Erstellung von Schutzmaßnahmen können 1982 das Schreiben der Generaldirektion und die Ratsempfehlung (82/471/EWG) gesehen werden. Im ersteren wird darauf hingewiesen, dass die Kommission im Dezember 1978 auf Grundlage des damaligen Wissens über die Risiken und Möglichkeiten der neuen Technologie hat einen "Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Sicherheitsmaßnahmen gegen die mutmaßlichen Risiken im Zusammenhang mit rekombinanter DNA" ausgearbeitet hat, der als Hauptpunkte  
  • Harmonisierung zwischen den Mitgliedsstaaten,
  • Bedeutung einer Gesetzgebung zu den Verfahren der rDNA-Technologie,
  • Höhe des Gefährdungspotential,
  • Grenzübergreifende Risiken der neuen Techniken,
  • Forschung in Laboratorien von Privatunternehmen.
enthielt.

In der ► Ratsempfehlung (82/471/EWG) wird die Erfassung jeglicher Arbeiten mit rDNA, den Betreibern von Laboratorien und der Dokumentation der Arbeiten dringend empfohlen. In den Erwägungsgründen wird ausgeführt: “ Die Risiken bei Arbeiten mit neukombinierter DNS sind zwar hypothetischer Natur, ihre ständige Erfassung innerhalb jedes Mitgliedstaats ist dennoch notwendig, um eine etwaige Auferlegung von Schutzmaßnahmen zu ermöglichen.“ Und „für den sehr unwahrscheinlichen Fall, dass die hypothetischen Risiken sich als reale Gegebenheit erweisen—um jegliche schädliche Auswirkung, die sich zeigen könnte, bis zu ihrem Ursprung zurückzuverfolgen.“

1984 folgten die ► Empfehlungen des Europarates an die Mitgliedsstaaten eine Notifizierung und Registrierung von Experimenten mit rDNA vorzunehmen, um die Umsetzung von Schutzmaßnahmen zu ermöglichen.

Im Mai 1988 wurde von der Kommission der ► Entwurf jeweils einer Richtlinie für die Freisetzung von GVO und zum Arbeiten mit GVO in geschlossenen Systemen vorgelegt.

Im April 1990 konnte der Rat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft nach langwierigen und kontrovers geführten Diskussionen die Systemrichtlinie 90/219/EWG und die Freisetzungsrichtlinie 90/220/EWG verabschieden. Die Mitgliedsstaaten werden verpflichtet, diese Richtlinien bis zum 23.10.1991 in die nationale Gesetzgebung zu überführen.

Freisetzungsrichtline 90/220/EWG
Die ►Freisetzungsrichtlinie 90/220/EWG ist eine Verfahrensrichtlinie. Sie regelt primär das absichtliche Freisetzen (zu Forschungs- oder Erprobungszwecken) sowie das Inverkehrbringen von GVO. Aber sie enthält auch die Definition eines GVOs und legt fest, welche Verfahren für Veränderungen in der genetischen Information zu einem GVO führen und welche nicht. (Mutagenese Verfahren führen zwar zu einem GVO; sie werden aber explizit mit Annex I B von den Vorschriften der Richtlinie ausgeschlossen).
Die Richtlinie enthält die Verfahrensgrundsätze für die Anmeldung eines Freisetzungsantrags für die Genehmigung einer Zulassung für die Freisetzung bzw. einer Inverkehrbringung eines GVO. Es ist eine Risikobewertung hinsichtlich der gesundheitlichen Unbedenklichkeit und der Umweltverträglichkeit vorgeschrieben. Erst nachdem die Sicherheitsuntersuchungen hinreichend auf eine Unbedenklichkeit des GVO hinweisen, darf der GVO freigesetzt bzw. durch die Kommission für das Inverkehrbringen zugelassen werden. Die Zulassung auf Inverkehrbringung gilt für alle Mitgliedsstaaten. Eine spezielle Kennzeichnung des GVO ist nicht vorgesehen. 
Die Freisetzungsrichtlinie gilt für alle GVO (Mikroorganismen, Pflanzen, Tiere). Sie bezieht sich ausschließlich auf lebende, vermehrungsfähige GVO. Isolierte (nicht vermehrungsfähige) Produkte aus einem GVO werden von der Richtlinie nicht erfasst. 

Systemrechtlinie 90/219/EWG
Die ► Richtlinie (90/219/EWG) regelt das Arbeiten mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen (GVMO) in geschlossenen Systemen wie Laboratorien, Fermentern, Produktionsanlagen usw. Sie enthält Kriterien für die Einstufung der Organismen (2 Sicherheitsstufen, pathogen und nicht pathogen) und eine Risikobewertung der gentechnischen Arbeiten und Anlagen sowie der entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen, wobei zwischen Arbeiten für gewerbliche Zwecke und für Forschungsarbeiten unterschieden wird.
Die Systemrichtlinie gilt nur für lebende GVMO. 

Arbeitsschutzrichtline 90/679/EWG
Die ► Richtlinie (90/679/EWG) enthält Vorschriften für den Schutz von Arbeitnehmern vor Gefährdungen ihrer Sicherheit und Gesundheit durch biologische Arbeitsstoffe.

Die ersten beiden Richtlinien beziehen sich ausschließlich auf lebende GVO, die Arbeitsschutzrichtlinie nur auf Mikroorganismen, die Krankheiten, Infektionen oder sonstige toxische Wirkungen bei Arbeitnehmern auslösen können. 

Diese drei Richtlinien gründen sich auf unterschiedliche Artikel des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Dies hat Auswirkungen auf die Möglichkeiten ihrer Umsetzung in die nationale Gesetzgebung. 

Die Systemrichtlinie basiert auf Artikel 130 S des EWG-Vertrages. Den Mitgliedsstaaten wird hiermit die Möglichkeit eröffnet,höhere Standards zum Schutz von Gesundheit und Umwelt vorzuschreiben.

Die Freisetzungsrichtlinie basiert auf Artikel 100 A des EWG-Vertrages. Artikel 100 A zielt verstärkt auf die Harmonisierung von Rechtsvorschriften innerhalb der Mitgliedsstaaten ab. Deshalb dürfen die Mitgliedsstaaten die Vorschriften bei der Umsetzung ins nationale Recht weder „aufweichen“ noch „verstärken“. Sie müssen sich strikt an die Anforderungen halten.

Die Arbeitsschutzrichtline basiert auf Artikel 118 des EWG-Vertrages und legt Mindestvorschriften für den Arbeitsschutz fest. 

Phase 2: 1990 – 2001 von der Freisetzungsrichtlinie 90/220/EWG zur novellierten Richtlinie 2001/18/EG und der Novel Food Verordnung

Am 1. Januar 1993 wurde der gemeinsame europäische Binnenmarkt Wirklichkeit. Die zwölf Mitgliedsstaaten Belgien, Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Portugal und Spanien konnten sich nach mehr als 10 Jahre dauernden Diskussionen einigen. 

Freisetzungsrichtlinie 90/220/EWG
Die Richtlinie 90/220/EWG war seit ihrer Verabschiedung 1990 Gegenstand heftiger und sehr unterschiedlicher Kritik. Bis ca. 1995 wurden Anwendungen aus der Pflanzenbiotechnologie (Grüne Gentechnik) noch relativ positiv gesehen. Ab 1996 erfolgte ein Umschwung. Die Einstellung gegenüber der Grünen Gentechnik wurde in vielen Mitgliedsstaaten immer kritischer. Forderungen aus Öffentlichkeit und Politik die Anwendung des Vorsorgeprinzips sowie für erhöhte der Schutz- und Sicherheitsanforderungen für das Inverkehrbringen und zu Umweltverträglichkeitsprüfungen von GVO wurden lauter und verstärkten sich. Änderungen der Richtlinie deuten sich an.

Mit der ► Entscheidung 91/274/EWG erfolgt die Aufforderung zur Erstellung von gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für spezifisch auf GVO ausgerichtete Prüfungen hinsichtlich der die Umweltverträglichkeit. 

► Entscheidung 91/596/EWG gibt die Richtlinien für die Antragsstellung nach Artikel 9 zur Anmeldung für Freisetzung von GVO zu Forschungs- und Entwicklungszwecken vor.

Mit ► Entscheidung 92/146/EWG wird den nationalen Behörden ein standardisiertes Formular an die Hand gegeben, mit dem sie zusammengefasst Anmeldungen für Freisetzungen nach Teil C der Richtlinie die Kommission informieren.
Nach RL 90/220/EWG muss für jede Freisetzung des gleichen GVO an jedem Ort ein separater Antrag gestellt werden. Dies stellt einen erhöhten bürokratischen Aufwand dar. Dies leistet aber keinen Beitrag zu einer Erhöhung der Sicherheit oder der Information der Öffentlichkeit. Daher soll ein vereinfachtes Verfahren eingeführt werden. Mit der ► Entscheidung 93/584/EWG werden die Kriterien festgelegt, nach denen ein vereinfachtes Anmeldeverfahren für die Freisetzung von GVO möglich ist. 

Mit der ► Entscheidung 94/730/EG wird das vereinfachte Verfahren für die Genehmigung von Freisetzungsversuchen eingeführt. In einem Antrag können nun mehrere Freisetzungen des gleichen GVO an unterschiedlichen Orten beantragt werden. Auch Nachmeldungen weiterer Freisetzungen werden möglich.

Mit der ► Richtlinie 94/15/EG werden die Anhänge II A und II B der RL 220/90/EWG an den wissenschaftlichen und technischen Kenntnisstand angepasst. Anhang II A bezieht sich auf die notwendigen Informationen für die Freisetzung von GVO, mit Ausnahme von höheren Pflanzen; Anhang II B nimmt Bezug auf höhere Pflanzen.

► Entscheidung 94/211/EG legt die Anmeldeformalitäten in Teil 1 für die Freisetzung von höheren gv-Pflanzen und in Teil 2 für alle andersartigen GVO dar.
 ► Entscheidung 94/730/EG betrifft lediglich die Mitteilung, dass die von Frankreich eingereichten Anträge zum vereinfachten Verfahren für die Freisetzung von GVO angenommen werden.

Mit ► Richtlinie 97/35/EG werden die notwendigen Informationen für das Inverkehrbringen von GVO in Anhang III angepasst. Mit Anhang III Abs. 5 wird die Möglichkeit eröffnet, ein Register der gentechnischen Änderungen von in Verkehr gebrachter GVO anzulegen. In Hinblick auf die inzwischen verabschiedete ► Novel Food Verordnung (EG) Nr. 258/97 werden in Anhang III C die Kennzeichnung von GVO und von Produkten, die GVO enthalten oder aus einem bestehen, eingeführt. (Anmerkung: Die Kennzeichnung bezieht sich nur auf lebende GVO.)

1997 Von den horizontalen GVO-Verordnungen zu vertikalen Verordnungen für Lebens- und Futtermittel aus GVO
Der Anwendungsbereich der Freisetzungsrichtlinie 220/90/EWG bezieht sich nur auf lebende vermehrungsfähige GVO oder Erzeugnisse, die GVO enthalten oder aus diesen bestehen. Nicht erfasst werden Erzeugnisse, die aus GVO hergestellt werden wie z.B. Maisstärke aus Bt-Mais oder Öl aus RR-Sojabohnen. Daher wurde neben den horizontalen Freisetzungs- und Systemrichtlinien zunächst 1997 die vertikale Novel Food Verordnung (EG) Nr. 258/97 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten eingeführt und später 2003 die Verordnungen (EG) Nr. 1829/2003 über Zulassung, Inverkehrbringen und Kennzeichnung von Lebens- und Futtermitteln aus GVO und zu ihrer Rückverfolgbarkeit ((EG) Nr. 1830/2003) verabschiedet.
Bis 1997 wird die Zulassung zum Inverkehrbringen von GVO oder von Produkten mit GVO durch die RL 90/220/EWG geregelt. Es wurden 18 GVO zugelassen, darunter 11 landwirtschaftliche Nutzpflanzen. Einige davon für den Anbau, andere zum Import für Verarbeitungszwecke, wieder andere nur als Futtermittel oder Lebensmittel. Als gv-Pflanzen wurden Sojabohnen, Mais, Rapsölsaaten und Chicorée zugelassen. Diese Zulassungen hatten einen großen Einfluss auf die weitere Entwicklung der Gesetzgebung.
 Sie zeigten die Unzulänglichkeiten (Antibiotika-Resistenzgene, Kennzeichnung, Nachzulassung - Monitoring, Haftungsregeln, Öffentlichkeitsbeteiligung u. m.) der Richtlinie auf. Neben der generellen Ablehnung der Grünen Gentechnik in vielen Mitgliedsstaaten führten diese zu einem de facto Moratorium für weitere Zulassungen von gv-Pflanzen. Auch wenn das Moratorium nie beschlussmäßig abgefasst wurde, blieb es quasi bis 2004 – der Verabschiedung bzw. Inkrafttreten neuer Gesetze - bestehen. 

Ab 1997 wurde eine Novellierung der RL 220/90/EWG als notwendig erachtet. Im Februar 1998 legte die Kommission einen ersten Entwurf einer Neufassung der Freisetzungsrichtlinie vor. Im März 2001 wurde die novellierte Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG verabschiedet, trat am 17. April 2001 in Kraft und ist seit dem 15. Oktober 2002 rechtskräftig.
Die RL 2001/18/EG ist untergliedert:
Teil A: Allgemeine Vorschriften
Von besonderer Bedeutung sind vor allem die Begriffsbestimmungen in Artikel 2. Sie geben gemeinsam mit den Anhängen I A und B jeweils Definitionen was unter einem GVO zu verstehen ist und welche Änderungen im genetischen Material zu einem GVO führen und welche nicht. (Die Begriffsbestimmung unterscheiden sich leicht von denen in der Systemrichtlinie.)
Teil B: Absichtliche Freisetzung von GVO zu anderen Zwecken als dem Inverkehrbringen
In den Artikeln 5 – 11 sind Verfahren und Voraussetzungen für das experimentelle Freisetzen von GVO aufgezeigt. Die Genehmigung für das experimentelle Freisetzen von GVO obliegt den nationalen Behörden 
Teil C: Freisetzen und Inverkehrbringen von GVO als Produkte oder in Produkten
Hier greifen die Artikel 12 – 24. Die Genehmigung für das kommerzielle Freisetzen / das Inverkehrbringen von GVO erfolgt durch die Kommission. 

Neu ist die
  • Verpflichtung einer Kennzeichnung des GVO,
  • Einführung eines Standortregisters,
  • Befristung der Genehmigung des Inverkehrbringens des GVO auf 10 Jahre mit Verlängerungsmöglichkeit,
  • Berücksichtigung von Antibiotika-Resistenz-Markergenen bei der Darstellung vonGVO,
  • Überwachung und Monitoring des GVO,
  • Verpflichtung der Unterrichtung der Öffentlichkeit.
Novel Food Verordnung (EG) Nr. 258/97

Die ► Novel Food Verordnung (EG) Nr. 258/97 trat am 15.05.1997 nach langen Auseinandersetzungen über den Anwendungsbereich und zur Kennzeichnung neuartiger Lebensmittel und neuartiger Lebensmittelzutaten in Kraft. Sie regelte bis 2004 das Inverkehrbringen und die Etikettierung neuartiger Erzeugnisse aus der Gentechnik. Mit der Verordnung werden einerseits für das Inverkehrbringen einheitliche Bewertungsmaßstäbe für die gesundheitliche Unbedenklichkeit der Erzeugnisse eingeführt und andererseits wird ein umfassender vorbeugender Verbraucherschutz vorgesehen. Unter neuartig werden Erzeugnisse verstanden, die vor dem 15. Mai 1997 noch nicht in nennenswerten Umfang in der EU verzehrt worden sind und zu 6 definierten Lebensmittelgruppen zugeordnet werden können. In Bezug auf die Gentechnik sind dies Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, die
  • GVO im Sinne der RL 220/90/EWG sind oder enthalten und
  • aus GVO hergestellt werden, aber diese nicht mehr enthalten.
Nicht unter den Anwendungsbereich fallen Lebensmittelzusatzstoffe, Aromen und Extraktionslösungsmittel. 

Erzeugnisse, die GVO darstellen oder enthalten bedürfen immer einer Sicherheitsüberprüfung und Zulassung und müssen stets gekennzeichnet werden.

Erzeugnisse die aus GVO hergestellt werden, aber diese nicht mehr enthalten, bedürfen nur dann einer Zulassung, wenn sie nicht substanziell äquivalent zu dem konventionellen Produkt sind. Produkte mit nachgewiesener substanzieller Äquivalenz (z. B. hoch raffiniertes Öl aus RR-Sojabohnen) können nach einer einfachen Anmeldung (Notifizierung) in den Verkehr gebracht werden.

Entscheidend für die Kennzeichnung ist der nachweisbare Unterschied im Lebensmittel oder in der Zutat. In Bezug auf gentechnisch veränderte Erzeugnisse bedeutet dies, dass der Unterschied ursächlich auf dem gentechnischen Verfahren beruhen muss und die „Gentechnik“ (rDNA bzw. das neu eingeführte Protein) sich noch nachweisen lassen muss.

Am 29.07.1997 werden in der ► ET 97/618/EG gemäß Artikel 4 die Empfehlungen zur Erstellung von Anträgen zur Erstprüfung und die Aspekte der Sicherheitsbewertung veröffentlicht.

Noch vor in Kraft treten der Novel Food VO erhielten RR-Sojabohnen und der insektenresistente Mais Bt 176 die Zulassung zum Inverkehrbringen. Eine Kennzeichnung war ausdrücklich nicht vorgesehen. 

Mit der ►Ablöseverordnung 1813/97 werden die Sojabohnen und der Mais in den Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 258/97 überführt und den allgemeinen lebensmittelrechtlichen Etikettierungsvorschriften unterworfen. 

Die ► Ergänzungsverordnung 1139/98 führt die Kennzeichnungspflicht mit „aus genetisch veränderten Sojabohnen“ bzw. „aus genetisch verändertem Mais“ ein. Für Beimischungen in konventionellen Soja- und Maiserzeugnissen, die nachweislich unbeabsichtigt oder technisch unvermeidbar sind, wird ein Schwellenwert von 1 % pro Lebensmittelzutat für die Kennzeichnungspflicht festgelegt. Rechtskraft erlangt der Schwellenwert von 1 % mit der ► Verordnung (EC) 49/2000 im April 2000. Als weitere Rechtsvorschrift ergänzt die Verordnung (EG) 50/2000 Regelungen um Kennzeichnungsverpflichtungen für Zusatzstoffe und Aromen aus GVO.

Mit der ► VO (EG) Nr. 1852/2001 wird festgelegt, welche Informationen aus der Antragsstellung an die Öffentlichkeit weitergegeben und welche zum Schutz des Antragstellers als vertraulich eingestuft werden dürfen. Angaben, die für die Sicherheitsbewertung essentiell sind, können nicht als vertraulich eingestuft werden.  

► Richtlinie 2000/13/EG hat keinen unmittelbaren Bezug zur Gentechnik. Mit ihr sollen die allgemeinen Rechtsvorschriften der Mitgliedssaaten zur Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln angeglichen werden. 

2003 wird der Bereich „Gentechnik und Lebensmittel“ aus der Novel Food Verordnung herausgelöst und in die speziell für Lebens- und Futtermittel geltenden Verordnungen (EG) Nr. 1829/2003 und (EU) Nr. 1830/2003 überführt. Beide Verordnungen treten am 7. 11.2003 in Kraft und müssen ab 18.04.2004 angewandt werden. Mit ihrer Inkraftsetzung 2004 sollte gemeinsam mit Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG das seit 1998 bestehende Moratorium gegen Neuzulassungen von GVO und daraus hergestellter Erzeugnisse überwunden werden.

Phase 3: 2001 - 2019 Gen Food Verordnungen sowie Erweiterung der Sicherheitsauflagen und 
Erleichterung von Anbauverboten

2002                        Der Fixpunkt: die Basisverordnung (EG) Nr. 178/2002

Die ► Basisverordnung (EG) Nr. 178/2002 legt die Grundsätze für das gesamte Lebens- und Futtermittelrecht fest. Auch wenn die Basisverordnung nicht unmittelbar Erzeugnisse aus GVO betrifft, hat sie weitreichende Auswirkungen für gesamten Lebens- und Futtermittelsektor. Eine strikte behördliche Trennung von Risikobewertung und Risikomanagement wird gefordert. Eine unabhängige europäische Behörde für Sicherheitsbewertungen (EFSA) wird geschaffen. 
2003               Die Gen Food Verordnungen (EG) Nr. 1829/2003 und (EG) Nr. 1830/2003

Die Gen-Food-Verordnungen regulieren erstmals gemeinsam und speziell Lebens- und Futtermittel aus GVO. Die ► Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 über genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel ist gemeinsam mit ► Verordnung (EG) Nr. 1830/2003 über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von genetisch veränderten Organismen 
Beide Verordnungen nehmen in vielen Fällen Bezug auf die RL 2001/18/EG.

Die Verordnung 1829/2003 reguliert das Zulassungsverfahren, das Inverkehrbringen und die Kennzeichnung von GVO und daraus hergestellter Erzeugnisse, während sich die Verordnung 1830/2003 mit der Rückverfolgbarkeit von GVO und aus ihnen hergestellten Produkten beschäftigt. 
Die Verordnungen unterscheiden zwischen Produkten aus GVO und Erzeugnissen, die mithilfe von GVO hergestellt werden.

VO 1829/2003/EG gilt sowohl für gv-Lebensmittel als auch für gv-Futtermittel und enthält somit jeweils ähnliche Vorschriften für die jeweilige Produktgruppe. Unter den Anwendungsbereich fallen 
● GVO, die als Lebens- oder Futtermittel verwendet werden sollen,
● Lebens- und Futtermittel, die GVO enthalten,
● Lebens- und Futtermittelzutaten, die aus GVO hergestellt bzw. gewonnen werden.

Nicht in den Anwendungsbereich fallen Produkte, die mithilfe von GVO hergestellt werden.

Ziel der Verordnung (Art. 1) ist einerseits bei der Verwendung von GVO oder daraus hergestellter Erzeugnisse
● das Leben und Gesundheit von Menschen und Tieren zu schützen,
● die Belange von Verbraucherinteressen und der Umwelt hinreichend zu berücksichtigen (Vorsorgeprinzip) und anderseits durch
● geeignete und transparente Genehmigungsverfahren  den freien Warenverkehr innerhalb der EU zu gewährleisten.

Lebens- und Futtermittel, die GVO darstellen oder enthalten, müssen stets gekennzeichnet werden. Lebens- und Futtermittelerzeugnisse, die aus GVO gewonnen bzw. isoliert werden, müssen nicht gekennzeichnet werden, wenn ihr „GVO-Anteil“ kleiner als 0,9 % und dieser Anteil zufällig oder technologisch unvermeidbar ist. (Eine Absenkung des Schwellenwerts von 1 % auf 0,9 % wurde besonders von Deutschland gefordert.) 

Die Sicherheitsbewertung (Risikobewertung) der GVO und der Erzeugnisse aus GVO wird ab 2004 vollständig der EFSA übertragen.

Die Zulassung von Lebensmittel mit und aus GVO wird auf 10 Jahre befristet.
► Verordnung (EG) Nr. 1946/2003 verpflichtet Inverkehrbringern
    von GVO für den Export, Informationen über den GVO an 
    ausländischen Handelspartnern entsprechend dem Cartagena-  
    Protokoll mitzuteilen.
►Verordnung (EG) Nr. 65/2004 schreibt die Einführung eines 
   spezifischen Erkennungsmarkers vor, der eine eindeutige 
   Identifizierung des Herstellers/Inverkehrbringers des GVO und 
   der gentechnischen Modifizierung erlaubt. Der Erkennungs-
   marker wird der EU-Kommission, dem Biosafety Clearing House 
   mitgeteilt und in das EU-Register für zugelassene GVO 
   eingetragen.
► Verordnung (EG) Nr. 641/2004 gibt die Grundanforderungen für
    die Antragsstellung auf Zulassung von GVO oder daraus 
    hergestellter Lebens- und Futtermittel vor. Sie schreibt die 
    Meldung bereits existierender, zugelassener Erzeugnisse vor. 
    Für zufällige oder technisch unvermeidbare -gv-Beimischungen,
    bei denen eine positive Sicherheitsbewertung vorliegt, werden 
    Übergangsmaßnahmen erlassen.

Im Zulassungsantrag muss ein eindeutiges Nachweisverfahren für den GVO vom Antragsteller beschrieben sein. Das gemeinschaftliche Referenzlabor überprüft das Nachweisverfahren auf Spezifität und Empfindlichkeit. 
Mit ► Verordnung (EG) Nr. 1981/2006 wird die Beteiligung des 
     Antragstellers an den Kosten der Aufgaben des 
     gemeinschaftlichen Referenzlaboratoriums und der nationalen 
     Referenzlaboratorien vorgeschrieben.
Mit ► Verordnung (EG) Nr. 298/2008 werden der Kommission die
     Befugnisse übertragen, Maßnahmen zu ergreifen, die zur 
     Umsetzung der Gen-Food Verordnungen notwendig sind. Hier 
     ist insbesondere gemeint, Anhänge anzupassen, Anmelde-
     kriterien und Schwellenwerte festzulegen usw. Diese 
     Verordnung ist analog zur ►Richtlinie 2008/27/EG in Bezug 
     auf die Freisetzungsrichtline. 

Mit der ► Durchführungsverordnung (EU) Nr. 503/2013 wird in Erweiterung zu den bestehenden Anforderungen für alle (neuen)
Zulassungsanträge von GVO bzw. daraus hergestellter Lebens- und Futtermittel eine 90-tägige Fütterungsstudie verpflichtend vorgeschrieben. Mit dieser Fütterungsstudie soll das Sicherheitsniveau erhöht werden. Die Erweiterung zu den bestehenden Anforderungen für die Antragsstellung ist mehr auf politischen Druck eingeführt worden, denn auf wissenschaftlicher Erkenntnis. 
Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG - Ab 2001 Verschärfung der Sicherheitsauflagen - Erleichterung von Anbauverboten

2002    Der Fixpunkt: die Basisverordnung (EG) Nr. 178/2002
    Grundsätze für das gesamte Lebensmittel- und Futtermittelrecht werden erlassen.

► Entscheidungen 2002/623/EG und ► 2002/811/EG ergänzen die Leitlinien in Anhang II und Anhang VII zur Überprüfung der 
Umweltverträglichkeit von GVO und schreiben eine Überwachung (Monitoring) von GVO zur Detektion als mögliche Verursacher  von Umweltschäden vor. 
 
Die Entscheidungen 2002/701/EG, 2002/812/EG, 2002/813/EG sowie 2003/701/EG geben Formulare für Anmeldeformalitäten für Freisetzungen und Inverkehrbringung von GVO sowie der Darstellung der Ergebnisse von Freisetzungen, die nicht der Inverkehrbringung dienen. 

Mit den ►Empfehlungen 2003/556/EG der Kommission soll die Koexistenz unterschiedlicher landwirtschaftlicher Abauformen 
ermöglicht werden. Sie bilden die Grundlage für die Regelung der Koexistenz auf Mitgliedstaaten-Ebene. Koexistenz bedeutet hier, „dass die Landwirte unter Einhaltung der Etikettierungs- und Reinheitsvorschriften eine echte Wahl zwischen konventionellen, ökologischen oder GV-Produktionssystemen haben.“ Außerdem werden alle nationalen Regelungen in einem Notifizierungsverfahren von der Europäischen Kommission auf ihre Kompatibilität mit EU-Recht überprüft (► RL 98/34/EG).

Mit ► Entscheidung 2004/204/EG werden notwendigen Informationen, die das vorgesehene GVO-Register enthalten soll, festgelegt. 

Mit ►Richtlinie 2008/27/EG werden der Kommission die Befugnisse übertragen, Maßnahmen zu ergreifen, die zur Umsetzsetzung der 
RL 2001/18/EG notwendig sind. Hier sind insbesondere gemeint, Anhänge anzupassen, Anmeldmeldekriterien und Schwellenwerte festzulegen. 

Mit der ► Entscheidung 2009/770/EG werden Standardformulare für die Berichterstattung für die Überwachung der Freisetzung von 
GVO als Produkt und für das Inverkehrbringen von GVO als Produkt eingeführt. Dies erfolgt auch in Harmonisierung mit VO (EU) Nr. 1829/2003.

Mit den neuen ► Leitlinien 2010/C200/01 werden die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, den Anbau von gentechnisch veränderten 
Pflanzen durch geeignete Vorschriften so zu regeln, dass verschiedene landwirtschaftliche Systeme mit und ohne Gentechnik auf Dauer nebeneinander bestehen können. Die Länder können nun „gentechnik-freie“ Gebiete ausweisen und den Anbau bestimmter gv-Pflanzen verbieten. Eine Wende in der europäischen Gentechnik-Politik deutet sich an.

Grundsätzlich kann nach Artikel 23 jeder Mitgliedsstaat den Anbau / das Freisetzen von gv-Pflanzen auf seinem Staatsgebiet untersagen. Allerdings muss dieses Anbauverbot mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Gefährdungspotenzial des GVO für Mensch und/oder Umwelt belegt werden. 
Mit der ► opt-out-Richtlinie (EU) 2015/412 wird den Mitgliedsstaaten das Verhängen eines Anbauverbotes erleichtert. 
Wissenschaftliche Begründungen brauchen nicht mehr vorgebracht werden. Es reicht, dass z.B. der Anbau von gv-Pflanzen nicht den politischen, den sozio-ökonomischen oder den agrar-politischen Vorstellungen des Landes oder einer Region entspricht oder zu öffentlichen Unruhen führen könnte.
Die Entstehung dieser Richtlinie muss vor dem Hintergrund gesehen werden, dass im Komitologieverfahren nie ein qualifizierte Mehrheit für eine Ablehnung oder Zustimmung für eine Genehmigung erreicht werden werden konnte.   

Mit der ► Richtlinie (EU) 2018/350 werden die Anhänge II, III, III B und IV der RL 2001/18/EG entsprechend den Anforderungen zur 
Prüfung der Umweltverträglichkeit von GVO geändert und an Verordnungen zum Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln angepasst. 
Von der Systemrichtlinie 90/219/EWG zur novellierten Richtlinie 2009/41/EG
Genau wie die Freisetzungsrichtlinie 90/220/EWG wurde zunächst auch die Systemrichtline 90/219/EWG heftig kritisiert. Allerdings waren hier Hauptkritikpunkte der hohe bürokratische Aufwand für das Genehmigungsverfahren und der sehr hohe Sicherheitsaufwand für Arbeiten mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen (GVMO) der Sicherheitsstufe 1. Die weitere Entwicklung ab 1998 verlief aber dann in recht ruhigem Fahrwasser.

Die ► Entscheidung 91/448/EWG gibt die Leitlinien für die Einstufung von GVMO in zwei Gruppen entsprechend Artikel 4 der 
RL 90/2019/EWG vor.

Nach Artikel 4 der RL 90/219/EWG sind genetisch veränderte Mikroorganismen in zwei Gruppen einzustufen. 
Mit der ► Richtlinie 94/51/EG werden die Vorgaben für die Einstufung von GVMO entsprechend ihrem Risiko in diese zwei Gruppen 
vollzogen, Anhang II bildet die Grundlage für die Einstufung. Bis zum 30. April 1995 müssen die Mitgliedsstaaten die hierfür notwendigen Vorschriften erlassen. 

Mit der ► Entscheidung 96/134/EG werden die Leitlinien zur Einstufung von GVMO der Gruppe I den wissenschaftlichen Erkenntnissen
 und den Erfahrungen im Umgang mit GVMO angepasst. 

Mit der ► Richtlinie 98/81/EG werden die Bestimmungen der RL 90/219/EWG wesentlich geändert und an neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungen angepasst. Die wichtigsten Änderungen sind
• die Vereinfachung der Verwaltungsverfahren,
• die Herstellung eines Verbandes zwischen den Anmeldungsanforderungen und den Risiken von Anwendungen in 
  geschlossenen Systemen und
• die Hinzufügung einer Liste genetisch veränderter Mikroorganismen, die keine Gefahr für die menschliche Gesundheit oder
  die Umwelt darstellen.

Mit der ► Entscheidung 2000/608/EG werden die Leitlinien für die Sicherheitsbewertung von GVMO in Anhang III ergänzt.

Mit der ► Entscheidung 2001/204/EG werden im Anhang II Teil B die allgemeinen Kriterien mit denen festgestellt werden kann 
welche GVMO für Mensch und Umwelt unbedenklich sind, aufgelistet.

Mit der ► Entscheidung 2005/174/EG werden ergänzende Leitlinien zur Aufnahme von GVMO in Anhang II Teil B eingeführt.

Die Richtlinie 90/219/EWG über die Anwendung von GVMO wurde mehrfach und erheblich geändert. Es wurde die Notwendigkeit gesehen, im Rahmen der noch anstehenden Änderungen eine Neufassung der Systemrichtlinie vorzunehmen. 
Mit der novellierten ► Richtlinie 2009/41/EG wird ein Verfahren etabliert nachdem jeder Mitgliedsstaat Anwendungen in 
geschlossenen Systemen entsprechend den vier Risikogruppen eigenständig genehmigt. Es zeigt die Voraussetzungen für das Anmelden von Arbeiten mit GVMO und von Gentechnikanlagen auf und legt die Basis der Sicherheitskriterien für das Betreiben von Gentechnikanlagen fest. Ferner sind für den Umgang mit GVMO (Art. 4(3)) die Sicherheitsstufen definiert und im Anhang III die Bewertungskriterien aufgezeigt. Spezifisch für GVMO ist die Selbstklonierung; sie resultiert nicht in einen GVO (Anhang II, Teil A, 4).
Transparenzverordnung

Die Entstehung der Transparenzverordnung (EU) 2019/1381 muss vor dem Hintergrund der sehr heftigen und kontroversen Diskussionen um die Neubewertung der Sicherheit des Breitbandherbizids Glyphosat gesehen werden. Die Verordnung VO (EU) 2019/1381 bezieht sich nicht allein Pflanzenschutzmittel oder auf Produkte aus GVO, sondern allgemein auf alle regulierten Erzeugnisse / Stoffe / Substanzen, die einer Sicherheitsbewertung durch die EFSA unterworfen sind. Mit der Verordnung sollen die Verfahren zur Sicherheitsbewertungen transparenter gemacht werden. Alle Unterlagen, die für eine Sicherheitsbewertung herangezogen werden, sollen öffentlich zugänglich gemacht werden. Unternehmen, die beabsichtigen ein Erzeugnis, einen Stoff oder einer Substanz beabsichtigen in den Verkehr zu bringen, sollen alle Untersuchungen zur Sicherheitsprüfung vorab offen legen. 

► Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über die Transparenz und Nachhaltigkeit der EU-Risikobewertung im Bereich der Lebensmittelkette und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 178/2002, (EG) Nr. 1829/2003, (EG) Nr. 1831/2003, (EG) Nr. 2065/2003, (EG) Nr. 1935/2004, (EG) Nr. 1331/2008, (EG) Nr. 1107/2009, (EU) 2015/2283 und der Richtlinie 2001/18/EG

Nach dem EuGH-Urteil (C-528/16) vom 25. Juli 2018 zur Einordnung von Mutageneseverfahren ist es unklar, ob die bestehenden europäischen Gesetze zur Gentechnik novelliert werden müssen. Die Kommission berät und führt Konsultationen durch.

bgf-Jany 22.04.2020

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