Die Schlagzeile „Gen-Mais führt zu erhöhten Krebsraten und vorzeitigem Tod“ wurde aus der Fütterungsstudie von Séralini et al. (2012) abgeleitet. Diese Studie hatte im Herbst 2012 weltweit nicht nur in den Medien sondern auch in der Wissenschaft großes Aufsehen erregt. In dieser Langzeitfütterungsstudie hatte die Arbeitsgruppe um Séralini in einem zweijährigen Fütterungsversuch mit gv-Mais NK603 an Ratten nachgewiesen, dass die Aufnahme dieser als Lebens- und Futtermittel in der EU zugelassene Mais zu erhöhten Krebsraten in fast allen Organen führt und mit einer verringerten Überlebensrate verbunden ist.
Der hier aufgeführt Beitrag über die Langzeitfütterungsstudie von Séralini et al. (1) bezieht sich weitgehend auf den Vortrag und die Diskussion mit Prof. Séralini an der Universität Hohenheim am 06.02.2013 im Rahmen einer außeruniversitären Veranstaltung „Sicherheitsforschung im Agrarbereich am Beispiel der Glyphosat-Studie von Prof. Séralini“, die von gentechnik-kritischen Gruppen und von Studentengruppierungen organisiert wurde.
Die Veranstalter waren:
Gentechnikfreies Europa e.V. (V.i.S.d.P.), ENSSER, Aktionsbündnis gentechnikfreies Baden-Württemberg, Albert Schweizer Stiftung, Brot für die Welt.
Studentische Mitveranstalter: Food Revitalisation and Eco- Gastronomical Society Hohenheim (FRESH), Arbeitskreis Ökolandbau AKO, Grüne Hochschulgruppe Hohenheim, Greening Hohenheim, Global Campus, AK Cafete
Versuchsdesign
Mit der Langzeitfütterungsstudie sollte die gesundheitliche Bedenklichkeit von Produkten aus GVO (hier gv-Mais NK 603) und von zwei Roundup-Formulierungen (Weather-Max und Roundup GT Plus) nachgewiesen werden, wobei das Hauptaugenmerk auf Mortalität und Cancerogenität gelegt wurde. Die Arbeitsgruppe um Séralini von der Universität Caen hatte unter größter Geheimhaltung über zwei Jahre Ratten (Harlan Sprague-Dawely) mit Mais NK603 und Roundup im Trinkwasser gefüttert. Insgesamt wurden 200 Tiere in den Versuch einbezogen und typischerweise ad libitum gefüttert. Neun Versuchsgruppen wurden mit einer Kontrollgruppe verglichen. Die Kontrollgruppe, jeweils 10 weibliche und 10 männliche Tiere, wurde mit der Standarddiät A04, die 33% konventionellen Mais enthielt, und „normalem“ Trinkwasser ernährt. Sechs Versuchsgruppen, ebenfalls jeweils 10 weibliche und 10 männliche Tiere, erhielten gv-Mais NK603 (11, 22, 33% in der Standarddiät) und gv-Mais NK 603 (11, 22, 33%) mit Roundup behandelt als Nahrungsquelle. Drei weitere Gruppen erhielten 33% konventionellen Mais aber diesmal mit 1,1%x10-8, 0,09% und 0,5% Roundup GT Plus im Trinkwasser. Nach Angaben von Séralini et al. entsprechen diese Prozentangaben Konzentrationen von 0,00005 mg/L, 400 mg/L und 2250 mg/L Glyphosat. Die Dosisauswahl wurde bewusst ausgewählt. Sie sollten Effekte nachweisen, die durch typische Anwendungen/Rückstände von Roundup auftreten könnten. Über die gesamte Versuchszeit wurde das Auftreten von Tumoren und/oder Erkrankungen beobachtet. Nach Versuchsende wurden Tiere seziert und Tumore histopathologisch/anatomisch analysiert. Nahrungs- und Wasseraufnahme sowie Gewichtszunahme der Tiere aller Versuchsgruppen wurden protokolliert. Zu 11 Zeitpunkten wurden 47 Blut- und Urinprobenparameter bestimmt; mehr als 500 Datensätze wurden erstellt.
Lebensdauer / Sterblichkeit
Recht lapidar beschreiben die Autoren, dass ca. 50 % der männlichen und ca. 70% der weiblichen Tiere in den Versuchsgruppen gegenüber den Tieren aus der Kontrollgruppe vorzeitig vor dem Erreichen der normalen Lebenserwartung (ca. 2 Jahre) sterben. Sie werten dies als einen deutlichen Hinweis auf die Toxizität von gv-Mais NK603 und von Roundup bzw. Glyphosat. Diese pauschalierende Betrachtungsweise ist aber nicht zulässig. Sie bezieht weder mögliche Dosiseffekte noch Unterschiede aus dem Trinkwasser- oder aus den gv-Mais NK603 Versuchen ein. Ebenfalls ist der Bezugspunkt zur Lebenserwartung der Tiere aus den Kontrollgruppen zu hinterfragen. In der Séralini-Studie treten bei der weiblichen Kontrollgruppe lediglich zwei Todesfälle auf, somit ist die Lebenserwartung der weiblichen Tiergruppe mit 80% außerordentlich hoch. Die historisch gefundenen Werte liegen dagegen bei durchschnittlich 42%. Wahrscheinlich ist diese hier beobachtete hohe Lebenserwartung rein zufällig und ergibt sich lediglich aus der zu geringen Anzahl von Versuchstieren. Bei den männlichen Tieren dagegen liegt die Lebenserwartung der Kontrolltiere in Bereich der historisch bekannten Werte. Eine separate Betrachtung der Sterblichkeit und Überlebensdauer in den Versuchsgruppen ist somit angebracht. In den hier gezeigten Abbildungen ist die Lebensdauer der Tiere aus dem Trinkwasser- und dem 33% gv-Mais NK603 mit und ohne Roundup Versuchen aus den Séralini-Daten in einer etwas anderen Form dargestellt.