Weizen / Wheat (Triticum aestivum)
Weizen
Sehr viele essbare Pflanzen stehen als Nahrungsquellen zur Verfügung, aber quasi nur acht Hauptnutzpflanzen - Weizen, Mais, Reis, Gerste, Kartoffeln, Süßkartoffeln, Sojabohnen und Maniok - ernähren die Weltbevölkerung. Weizen (Sommer- bzw. Winterweizen) wird in sehr vielen Regionen der Erde angebaut. Triticum aestivum ist weltweit die am meisten angebaute Weizenvarietät (95%) und der Rest verteilt sich auf Hartweizen (T. urgidum ssp durum) und Nacktweizen (T. polonicum). Hauptproduzenten von Weizen sind China, Indien, Russland, die EU-Staaten und die USA. 2014/2015 betrug die Welternte 736,9 Mill. Tonnen. Unter den EU-Staaten sind Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Polen und Italien die Hauptproduzenten.
Das Weizengenom ist bislang aufgrund seiner enormen Größe noch nicht gänzlich aufgeklärt. Die Arbeiten zur Sequenzierung des Weizengenoms werden u.a. in einem europäischen Forschungsprojekt (IWGSC) koordiniert. Triticum aestivum ist hexaploid. Er besitzt drei doppelte Chromosomensätze (AA, BB, DD), die aus dem wilden Einkorn und letztlich zwei Wildgräsern stammen. Weizengenom enthält 42 Chromosomen und ist mit 16.000 Mbp das größte unter allen Getreidearten (z.B. Reis 430 Mbp, Mais 2600 Mbp). 94000 - 96000 Gene werden im Weizen vermutet. Bereits die Größe des Genoms macht genetische und gentechnische Eingriffe beim Weizen schwierig. Interessante Eigenschaften wie z.B. Pilzresistenz, Grannen-, Spelzenformen, usw. konnten aber bereits auf den Chromosomen lokalisiert und teilweise sequenziert werden.
► IWGSC:
Overview of International Wheat Genome Sequencing Consortium
Activities
► Analysis of the bread wheat genome using whole genome shotgun sequencing
► Hong-Qing Ling et al.
(2013), Draft genome of the wheat A-genome progenitor
Triticum urartu .Nature 496, 87–90
► WheatGenome.info:
An integrated database and portal for wheat genome information
► Identification of genes that promote awnedness in the Triticum aestivum /Aegilops umbellulata introgressive line
Forschungsziele bei gentechnische Veränderungen
Australien
Schwerpunkte der Forschungen sind Toleranzen gegen Trockenheit, häufig verbunden mit einer Salztoleranz. Bereits 2007 wurden 30 Weizenvarietäten mit transferierten Gene für eine Trockentoleranz aus sehr unterschiedlichen Organismen im Freiland getestet und entsprechend der Versuchsergebnisse weiter optimiert. Fast bis zur Zulassungsreife ist ein Salz-toleranter Weizen mit dem NAX 2–Gen aus dem Nacktweizen T. monococcum. Diese Toleranz ist mit einer Ertragsteigerung von durchschnittlich 25% verbunden.
Überblick zu Forschungsvorhaben und Freisetzungen:
► GM wheat field-trial approvals - Regulating gene technology in Australia
Genehmigungen für Freisetzungen seit 2004: 12
China
Nur wenige zuverlässige oder publizierte Daten liegen vor. Bekannt ist, dass die
► chinesische Regierung (2012/2013) die Akademie der Wissenschaften angewiesen hat, ihre Aktivitäten zur Entwicklung von gv-Pflanzen zu verstärken. Dies wurde nun auch in dem Innovationplan für
► "GM Crops (2016-2020)
" bestärkt. Motivation war nicht allein das Ziel einer Produktionssteigerung von Nahrungsmittel sondern auch das Bestreben nach Unabhängigkeit von Importen und in der Forschung. Die Übernahme des schweizerischen Saatgutunternehmens »Syngenta« würde dem Ziel näher kommen.
Geforscht werden an der Vermittlung von Resistenzen gegenüber Erkrankungen (YMV-Virus-, Mehltau-Resistenz, Ährenschorf), zur Verbesserung der Qualität, zu Toleranzen gegenüber abiotischen Stress, zur Insektenresistenz, Ertragssteigerung und sprossungstoleranten Weizen.
► Xia L. et al. (2012)
: GM wheat development in China: Current status and challenges to commercialization. Journal of Experimental Botany 63, 1785–1790, doi:10.1093/jxberr342
► Yu X.D. et al. (2010):
Wheat transformation technology and its applications. Scientia Agricultura Sinica 43, 1539-1553
nach Yu et al. (2010)
Europäische Union (EU)
Forschungsprojekte in der Europäischen Union mit Freisetzungen.
2013 Reduzierung der Zölikakie-Toxizität
Spanien: Instituto de Agriculture Sostenible
2012 Proteinqualität – Kornertragssteigerung
Deutschland: IPK Gatersleben
2011 Alarmpheromon – Blattläuse
England: Rothemsted Research Institute
2008 Pilzrestistenz – Stinkbrand (Tilletia caries)
Deutschland: Universität Rostock
Pilzresistenz - Rotbrand
Ungarn: Cereal Research
2006 Proteinqualität
Deutschland: IPK Gatersleben
2004 Fusarium-Resistenz
Deutschland: Syngenta
Syngenta hat aufgrund der
► ständigen Feldzerstörungen
die Forschungen zur Fusarium-Resistenz zumindest in Deutschland beendet.
2000 – 2005 BMBF Leitprojekt zur Reduzierung der Zöliakie-Toxizität
• Isolierung von Genen für Weizen-Glutenine und Expression in
Saccharomyces cerevisiae
• Transfer von Genen für Weizen-Glutenine auf Mais
• Prüfung der aus gv-Hefe und gv-Mais gewonnenen Glutenine auf ihre
Zöliakie-Toxizität
►
Genehmigungen für Freisetzungen: 36
Freisetzung des Pheromons
E(ß)-Farnesen zieht Frassfeinde von
Blattläuse an.
Labor/Gewächshaus: Effekt sehr
überzeugend
Freiland: Effekt nicht gegeben
Die Freisetzung des GVO kann an mehreren Standorten stattgefunden haben.
Schweiz
Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften, Agroscope
Freisetzungszeitraum: 2016 - 2022
2013 Verbesserte Mehltauresistenz (b/CH13/01/(b13001)
Institut für Pflanzenbiologie, Universität Zürich
Freisetzungszeitraum: 2014 - 2018
2007 Pilz-Resistenz (B/CH/004(B07004)
2007 Mehltau-Resistenz (B/CH07/002 (B02/002)
2007 Pilz-Resistenz (B/CH/07/001(B07001)
2003 Pilz-Resistenz (Stinkbrand) (B7CH/00/003(B00003)
► Anträge auf Freisetzungen: 6
Unspezifische Resistenz durch Hydrolyse der Pilz-Zellwände (B07001)
Transfer:
- Gene kodierend für ß-1,3-Glucanase und 26kDa-Chitinase aus Gerste
- Pm3b-Gen aus Weizen, Resistenz gegen Mehltau
- Markergene: bar-Gen,. manA-Gen aus E. coli
Pilzkrankheiten im Feldeversuch
Vereinigte Staaten von Amerika (USA)
ReadyTM-Weizen (RR-Weizen, Monsanto) und zur Einkreuzung des
Genkonstrukts in regional angepasste konventionelle Weizensorten
2004 Monsant zieht Antrag auf Zulassung von RR-Weizen MON 71800 zurück
2003 - 2009 Einstellung (weitgehend) der Freisetzungen von RR-Weizen
2007 Syngenta beendet Forschungsarbeiten zu Fusarium-Resistenz
2007 – 2015 Trockentoleranz
(9) 0,8 – 4 ha
2010 – 2016 Trockentoleranz verbunden mit Ertragssteigerung
(9), 0,4 – 8 ha
2010 - 2011 Fusarium-Resistenz Ährenfurariose (Syngenta)
2013 – 2014 Pilz-Resitenz
(2), 40 ha
2005 – 2013 Qualität (5)
2012 – 2013 Zöliakie-Toxizität (2)
2013 – 2014 Insektenresistenz
(3), 32 – 40 ha
► Anträge auf Freisetzungen: 584
Pilz-Erkrankungen:
► Schumann, GL and K.J. Leonard. KJ. (2000): Stem rust of wheat (black rust).
The Plant Health Instructor. DOI: 10.1094/PHI-I-2000-0721-01
► Fusarium Head Blight of Barley and Wheat
► Altered Gene Expression Profiles of Wheat Genotypes against Fusarium Head Blight
An Atlas of Resistance Gene
McIntosh RA, Wellings CR and Park RF. (1995)
► CSIRO Cataloguing-in-Publication Entry
ISBN 0 643 05428 6.
Klimawandel
► Egyptian scientists produce drought tolerant GM wheat: The researchers, at Cairo's Agricultural Genetic Engineering Research
Institute (AGERI) have produced drought-tolerant wheat by transferring a gene from barley into a local wheat variety.
► Barakat MN et al. (2010): Morphological and molecular characterization of Saudi wheat genotypes under drought stress.
J Food Agric Environ, 8, 220-228
► Budak H., Kantar M., Kutoglu K.Y. (2013): Drought Tolerance in Modern and Wild Wheat. The Scientific World Journal,
Article ID 548246, Hindawi Publishing Corporation http://dx.doi.org/10.1155/2013/548246
Weltweit sind keine gv-Weizen-Varietäten zum kommerziellen Anbau bzw. zum Inverkehrbringen zugelassen. Viele Entwicklungen sind weit fortgeschritten und teilweise auch bis zur Marktreife entwickelt worden. Unter den gegenwärtigen gesellschaftspolitischen Bedingungen ist aber in naher Zukunft kaum mit einer Markteinführung von gv-Weizen zu rechnen.
Risikobetrachtung
Weizen ist Selbstbefruchter und die Befruchtung findet meist noch in der geschlossenen Blüte statt. Der Pollen ist relativ schwer und als Fremdbefruchtungsanteil werden Werte zwischen 1 – 3 % gefunden. Australien Government (2008), Pascher (2013). Eine interspezifische Auskreuzung ist, in Abhängigkeit der Anbaufläche, zu erwarten. Matus-Cadiz (2007) konnten nach 300 m eine Auskreuzungsrate von bis zu 0.01% nachweisen, die bis 2.75 km konstant geblieben ist. Nicht unerwartet sind daher auch interspezifische Auskreuzungen von gv-Weizen.
Weizenpollen werden durch Wind, Insekten und Vögeln verfrachtet. Noch in 1000 m Entfernung kann Weizenpollen gefunden werden. Allerdings verliert er unter „normalen“ Feldbedingungen innerhalb von 30 min seine Befruchtungsfähigkeit (Australien Government (2008)).
Ebenso kann wie bei konventionellem Weizen auch eine Auskreuzung auf andere Arten der Familie Poaceae sowie auf Arten der Gattung Aegilops, die an der Entstehung des heutigen hexaploiden Weizens beteiligt waren, erfolgen.
Ein zunehmendes Problem stellt der Durchwuchs von Weizen dar. Da während der Ernte stets Körner zu Boden fallen und im nächsten Jahr, je nach Art der folgenden Bodenbearbeitung und -behandlung auskeimen. Die Überlebensfähigkeit im Boden ist zeitlich kurz begrenzt, aber dennoch kann bis zu zwei Jahre noch ausgekeimter Weizen gefunden werden (Anderson & Soper, 2003). Gegenwärtig kann das Durchwuchsproblem gut mit Auflaufherbiziden gehandhabt werden.
► Australian Government Office of the Gene Technology Regulator: The Biology of Triticum aestivum L. em Thell. (Bread Wheat)
► Pascher K. (2013): Oekologische Risikoabschaetzung von gentechnisch veraendter Weizen - Identifizierung von wesentlichen
Aspekten und Konzeptentwicklung. Bundesministerium für Gesundheit, Sektion II, Wien, Oesterreich
► Matus-Cadiz M.A. et al. (2007): Pollen mediated gene flow in wheat at the commercial scale. Crop Science 47: 573-581
► Lawrie R.G., Matus-Cadiz M.A. and Hucl P. (2005): Estimating Out-Crossing Rates in Spring Wheat Cultivars Using the Contact
Method. Crop Science 46, 247-249
► Rieben S., Kalinina O., Schmid B. and Simon L. Zeller S.L. (2011): Gene Flow in Genetically Modified Wheat, Plos ONE vol. 6,
e29730. doi.org/10.1371/journal.pone.0029730
► Wang Z.-Y. et al. (2004): Viability and longevity of pollen from transgenic and nontransgenic tall fescue (Festuca arundinacea)
(Poaceae) plants. American J. Botany 91, 523-530
► Dong S. et al. (2016): Investigating pollen and gene flow of WYMV-resistant transgenic wheat N12-1 using a dwarf male
sterile line as the pollen receptor. PLoS One, 11(3), PMC4790897
► Anderson R.L & Soper G. (2003): Review of volunteer wheat (Triticum aestivum) seedling emergence and seed longevity in soil.
WeedTechnology 17, 602-626
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Einen umfassenden Überblick zur Diskussion über gentechnisch veränderte Pflanzen, einschließlich Weizen, und ihre Produktivität gibt ► Klaus Ammann in seinem blog ► ASK-FORCE Contribution No. 6 renewed GM crops produce more yield, the debate behind this statement.
Jany, Kl.-D. (2014): Überblick zu weltweiten Aktivitäten und Zielen in der Züchtung neuer Weizenvarietäten mithilfe der Gentechnik. Mühle + Mischfutter 151, 6 - 20.
Jany, Kl.-D. (2013): Überblick über züchterische Aktivitäten in Bezug auf gentechnisch veränderten Weizen. Präsentation: 6. Wissenschaftliches Symposium des Verbandes Deutscher Mühlen, Würzburg;08.11.2013
25.06.2017 bgf-Jany