Änderung GenTG - Aufnahme der opt-out-Richtlinie

BMEL-Entwurf eines 4. Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes (GenTG)

Geplante Änderung des Gentechnikgesetzes (GenTG)

Anhörung im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft am 16.01.2017

Am 16. Januar 2017 fand die öffentliche Anhörung zur geplanten Änderung des Gentechnikgesetzes im
Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft des Bundestagestages statt. Als Sachverständige waren geladen:
Heike Moldenhauer, Leiterin Gentechnik-Politik,Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND), Berlin und

Staatssekretärin Dr. Beatrix Tappeser, Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Wiesbaden als Verbandsvertreter

sowie die Einzelsachverständige


Dr. Georg Buchholz, Berlin

Prof. Dr. Hans-Georg Dederer, Universität Passau, Juristische Fakultät, Passau

Prof. Dr. Hans-Jörg Jacobsen, Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Universität Hannover, Institut für Pflanzengenetik, Hannover

Wolfgang Koehler, Bonn

Prof. Dr. Joachim Schiemann, Julius Kühn-Institut (JKI), Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Quedlinburg


Experten kritisieren Gentechnikgesetz der Bundesregierung
Der Entwurf zur geplanten Änderung des Gentechnikgesetzes durch die Bundesregierung (18/10459) stößt bei Experten auf Kritik. In einer Anhörung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft des Bundestages am Montag, 16. Januar 2017, bemängelten die Sachverständigen, dass der Entwurf zu kompliziert sei. Einerseits erschwere der Entwurf die Durchsetzung eines Anbauverbotes für gentechnisch veränderte Pflanzen (GVO), andererseits könnte durch das Gesetz eine wichtige Zukunftstechnologie riskiert werden.

Ausschussvorsitzender Alois Gerig (CDU/CSU) erläuterte zu Beginn, dass sich die Anhörung sowohl einem Entwurf der Bundesregierung als auch einem Entwurf des Bundesrates (18/6664) widme, die Anbaubeschränkungen oder Verbote für GVO in Deutschland ermöglichen sollen. Als rechtliche Grundlage dient die sogenannte Opt-out-Regelung auf Grundlage der Richtlinie (EU) 2015/412 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2015 zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG. Opt-out meint eine Ausnahmeregelung für EU-Mitgliedstaaten, nationale Anbauverbote oder Beschränkungen für gentechnisch veränderte Pflanzen in ihrem Hoheitsgebiet oder in Teilen davon beschließen zu dürfen.
BUND befürchtet einen Flickenteppich

Die Leiterin Gentechnik-Politik beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V., Heike Moldenhauer (BUND), trat für ein Anbauverbot gentechnisch veränderter Pflanzen ein. Ihrer Ansicht nach nutzt die Bundesregierung den durch die EU-Richtlinie eröffneten Spielraum nicht aus. Obwohl die Vorbehalte der Bevölkerung gegenüber der Gentechnik sogar im Koalitionsvertrag festgehalten seien, werde der Gesetzentwurf der Ablehnung nicht gerecht. „Es werden hohe Hürden aufgebaut, die ein bundesweites Anbauverbot unmöglich machen“, meinte Moldenhauer.

Die Verantwortung würde auf die Bundesländer abgewälzt. Es sei illusorisch, innerhalb von 45 Tagen ein „Einvernehmen“ zwischen sechs Bundesministerien für einen Verbotsbeschluss herbeiführen zu wollen. Ein Veto würde genügen, jedes nationale Anbauverbot zu verhindern. Moldenhauer forderte, die Beteiligung aller Bundesministerien zu streichen. Sollte der Gesetzentwurf verabschiedet werden, leiste dieser einem „Flickenteppich“ Vorschub, wenn nicht alle Bundesländer Anbauverbote verhängen. Mittelfristig drohe dadurch der Verlust der Gentechnikfreiheit für in Deutschland erzeugte landwirtschaftliche Produkte.
Bundesländer bevorzugen eigenen Gesetzentwurf

Die Vertreterin der Bundesländer, Staatssekretärin Dr. Beatrix Tappeser vom Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Hessen, hob indes die Vorzüge des Gesetzentwurfs des Bundesrates hervor. Ziel sei ein bundesweit zentrales und einheitliches Verfahren für Beschränkungen oder Verbote für den GVO-Anbau. „Doch dieser Entwurf wurde von der Bundesregierung im Rahmen der Stellungnahme abgelehnt“, monierte Tappeser. Der Bundesrat folge jedoch nicht der vom Bund vertretenen Einschätzung, dass eine höhere Rechtssicherheit nur bei Zuständigkeit der Länder erreicht werden könne. Regionale Aspekte könnten auch auf Bundesebene berücksichtigt werden.

Aus Sicht der Länder sei der vorgelegte Gesetzentwurf der Regierung deshalb als „enttäuschend“ zu beurteilen. Die Abstimmung unter so vielen Beteiligten werde nicht gelingen, kritisierte die Staatssekretärin. Der einfache und schlanke Weg, den die EU durch ihre Vorlage eröffnet habe, werde unnötig kompliziert gemacht. Bundesweite und flächendeckende Anbauverbote würden dadurch in weite Ferne rücken.

Experten äußern rechtliche Bedenken
Für den Einzelsachverständigen Dr. Georg Buchholz erweckte der Gesetzentwurf hingegen den Eindruck, eine gewollte bundesweite Regelung mit dem Ziel eines GVO-Verbots durchsetzen zu wollen. In der Praxis werde der Entwurf allerdings die Umsetzung dieses Ziels erschweren. Buchholz sah im Entwurf der Bundesregierung unnötig aufgebaute Hindernisse, indem die Einwilligung für Verbote und Beschränkungen von sechs Bundesministerien und einer Mehrheit der Bundesländer abhängig ist. Außerdem sah der Sachverständige in der Regelung eine „verfassungswidrige Mischverantwortung“ zwischen Bund und Ländern angelegt, die die Rechtssicherheit der getroffenen Beschlüsse infrage stelle. „Der Bundesratsentwurf eignet sich besser“, lautete das Fazit des Experten.

Der Einzelsachverständige Wolfgang Koehler beurteilte die EU-Richtlinie in ihrer Zielsetzung als eher „gentechnikfreundlich“ und weniger als „feindlich“. Allerdings mache der Regierungsentwurf seiner Meinung nach alles kompliziert. Für unglücklich hielt Koehler außerdem, dass das Bewertungsverfahren die Diskussion über die ökonomische Sinnhaftigkeit von GVO nicht ermöglicht und sich nur auf den Aspekt der Sicherheit fokussiere. Das sei aber der falsche Ansatz.

Schwerwiegende verfassungs-, unions- und welthandelsrechtliche Bedenken äußerte Prof. Dr. Hans-Georg Dederer von der Juristischen Fakultät der Universität Passau. Seiner Ansicht nach zielt die Änderung einzig auf ein Verwendungsverbot für als sicher befundene Produkte. Denn Verbote würden letzten Endes gegenüber GVO ausgesprochen, die durch EU-Kontrollbehörden auf Basis wissenschaftlicher Expertisen sowie entsprechend der Sicherheits-, Umwelt- und Gesundheitsregeln erlaubt worden sind. „Das wäre das Ende der grünen Gentechnik“, sagte er.
Wissenschaftler fürchten um Zukunftstechnologien

In eine ähnliche Kerbe schlug auch Prof. Dr. Hans-Jörg Jacobsen vom Institut für Pflanzengenetik der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Universität Hannover, der feststellte, dass im Ausland neue Techniken wie das Genome Editing bereits angewendet würden. Der Wissenschaftler befürchtete negative Auswirkungen durch die Einführung des Opt-out im Hinblick auf neue Züchtungstechniken, die er nicht zur Gentechnik zählte und deshalb auch nicht als regelungsbedürftig erachtete. Den Gesetzentwurf der Bundesregierung bezeichnete Jacobsen allerdings als nachvollziehbar, weil die Forschung in der Bundesrepublik wieder aufgebaut werden müsse. Deshalb forderte er, dass das Einvernehmen des Bundesforschungsministeriums bei entsprechenden Entscheidungen erforderlich sein muss, um die Notwendigkeit einer wissenschaftlichen Begründung für Anbauverbote zu erhalten.

Ebenfalls als nicht erforderlich betrachtete Prof. Dr. Joachim Schiemann vom Julius-Kühn-Institut den Erlass nationaler Anbauverbote für GVO, die auf Grundlage einer wissenschaftlichen Risikobewertung für den Anbau in Europa zugelassen sind. Für Schiemann stelle das Gesetz im Vergleich zur vorherigen Regelung aber eine Verbesserung dar, denn nun müssten die Gründe für Verbote klar benannt werden und mit dem Verweis auf unwissenschaftliche Begründungen erfolgen. Fragwürdige wissenschaftliche Begründungen müssten dann nicht mehr bemüht werden, um politische Entscheidungen zu legitimieren. Der Wissenschaftler warnte in seiner Stellungnahme zudem davor, mit dem Gesetz Innovationen zu behindern. Auch Schiemann sah im Genome Editing ein großes Potenzial und eine wichtige Zukunftstechnologie.

Entwurf der Bundesregierung
Mit dem Entwurf der Bundesregierung soll eine rechtssichere Grundlage für die "Opt-out"-Regelung schaffen. Danach sollen in Deutschland der Bund und die Länder gemeinsam über den Genpflanzenanbau bestimmen. Das Gentechnikgesetz sieht dafür ein Verfahren vor, wonach die Unternehmen den Anbau von GVO auf EU-Ebene beantragen sollen.

Noch während des Antragsverfahrens soll die Bundesrepublik den Antragsteller im gleichen Schritt auffordern können, das Hoheitsgebiet Deutschlands vom Anbau auszunehmen. Die Bundesländer seien in diesem Rahmen angehalten, dazu Stellungnahmen an das Bundeslandwirtschaftsministerium abzugeben. Stimmt die Mehrheit der Länder für ein Verbot, soll dies dem Unternehmen durch das Bundesministerium mitgeteilt werden. Hat sich der Antragsteller dazu nicht geäußert oder zugestimmt, würde der Anbau umgehend reglementiert.

Verbote als letzter Schritt
Wird dem Beschluss jedoch widersprochen, muss die Bundesregierung den Anbau für ganz Deutschland aus wichtigen Gründen beschränken oder verbieten. Andernfalls hätte das Unternehmen die Möglichkeit, dem Verbot nur für ein Teilgebiet Deutschlands nachzukommen. Die Begründung könne aber nur aus einem regionalen oder lokalen Kontext erfolgen, der gleichzeitig für das gesamte Bundesgebiet gültig sein muss. Ist es bis zu diesem Punkt noch nicht zu einem flächendeckenden Anbauverbot gekommen, sollen die Bundesländer in einem letzten Schritt Verbote mithilfe von Verordnungen auf Basis zwingender Gründe durchsetzen können.

Dafür kämen umweltpolitische Ziele in Betracht, wie der Schutz der biologischen Vielfalt, oder sozioökonomische Auswirkungen, etwa auf die kleinbäuerliche Landwirtschaft, und agrarpolitische Ziele, zum Beispiel die Förderung des ökologischen Landbaus oder der Reinheit des Saatguts in Gebieten mit Saatgutvermehrungsflächen. Darüber hinaus sollen auch die Stadt- und Raumordnung, die Bodennutzung oder die Wahrung der öffentlichen Ordnung zur Begründung angeführt werden können. (eis/16.01.2017)

Quelle:
http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2017/kw03-pa-landwirtschaft-gentechnik/485782
Heute im Bundestag Nr. 018 - 17. Januar 2017 - 09.36 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 – Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin

Die Stellungnahmen der Sachverständigen sind unter
http://www.bundestag.de/ausschuesse18/a10/anhoerungen/oeeffentliche-anhoerung-am-16-januar-2017-15-uhr/485738

abrufbar.



Anmerkungen zu einzelnen Stellungnahmen:
Der BUND plädiert für ein generelles und bundesweites Anbauverbot von gentechnisch (gv) veränderten Pflanzen, deshalb muss das Gesetz so ausgestaltet werden, dass ein Anbauverbot ohne besondere Begründungen und ohne Hürden verhängt werden kann. Aus den Ausführungen geht nicht hervor, ob der BUND, wie es nahestehende Verbände und einige Politiker bereits fordern, auch für eine Verankerung des Anbauverbotes bzw. eines Verbot der Freisetzung von GMOs in das Grundgesetz einsetzt. Aber offensichtlich ist, dass der erreichte Ausstieg Deutschlands aus der Grünen Gentechnik nun auch gesetzlich festgeschrieben werden soll.

Für den BUND steht bereits fest, dass die neuen Züchtungstechniken ohne Einzelprüfung unter das Gentechnikgesetz fallen und deshalb die gewonnenen Pflanzen (GMOs) nach allen Vorgaben der Gentechnikgesetzgebung reguliert werden müssen. Bei seinen Ausführungen verkennt der BUND aber, dass die Bewertung der gv-Pflanzen stets verfahrens- und produktbezogen war bzw. ist. Lediglich die Kennzeichnungspflicht ist verfahrensbezogen. Offensichtlich ist auch hier, dass der BUND der deutsche Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung die Anwendung von neuen innovativen Methoden verweigern will, die nicht ihren Vorstellungen entsprechen.

RA Buchholz sieht in Paragraph 1, Nr. 2 des GenTG ein Hauptproblem für ein nachhaltiges Anbauverbot. In diesem Paragraphen wird auf die Koexistenz unterschiedlicher Landwirtschaftsformen abgehoben. Diese Koexistenz auch gegenüber dem Anbau von gv-Pflanzen steht einem generellen uneingeschränkten Anbauverbot aber entgegen. Er fordert deshalb, dass in § 1, Nr. 2 die Koexistenz eingeschränkt werden muss.

Die Ausnahme des Anbauverbotes für Forschungszwecke erachtet RA Buchholz unnötig, da sich einerseits die opt-out Richtlinie nur auf den kommerziellen Anbau bezieht und anderseits die Modalitäten für Freisetzungen für wissenschaftliche Zwecke bereits hinreichend geregelt sind. Dies ist sicherlich richtig. Einer Freisetzung für Forschungszwecke steht gesetzlich nicht entgegen. Er verkennt allerdings das Umfeld in der dann die Freisetzung erfolgen soll, insbesondere dann, wenn per Gesetz die Region als „gentechnikfrei“ ausgewiesen ist.

Prof. Dederer weist auf schwerwiegende Probleme in Bezug auf das Unions- und Welthandelsrecht hin, wie er diese bereits 2014 ausführlich in seinem Rechtsgutachten für das BMBF aufgezeigt hatte. Er weist darauf hin, dass die opt-out Richtlinie letztlich das Aus für die Anwendung von Pflanzen aus der klassischen Gentechnik in Deutschland bedeutet.
Dederer H.-G. (2014): Nationale „opt-out“ Möglichkeiten beim Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen.

https://www.bmbf.de/files/Rechtsgutachten_Prof._Dr._Dederer.pdf


 17.01.2017

Bundesrat-Debatte am 16.12.2016
Am 16.12.2016 hat der Bundesrat seine Empfehlungen (BR-Drucksache 650/1/16) für Änderungen des vom Bundeskabinett angenommenen Entwurfs vorgestellt. Die Ausschüsse für
  • Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV)
  • Kulturfragen(K)
  • Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U)
geben Empfehlungen für Änderungen des Entwurfes ab, während der Ausschuss für Gesundheit empfiehlt, den Entwurf ohne Einwendungen anzunehmen.

Die Ausschüsse (AV, K, U) empfehlen, dass sich der Bundesrat generell enttäuscht über den Entwurf zur Umsetzung der opt-out-Richtlinie 2015/412 (EU) ins deutsche Gentechnikrecht äußern soll. Er soll auf den bereits 2015 vorgebrachten Gesetzesentwurf (BR-Drucksache 317/15) verweisen, der dem Anliegen der Implementierung der opt-out-Richtlinie besser entsprechen würde. Der vorgelegte Entwurf dagegen würde unnötige bürokratische Hürden aufbauen und dadurch könne kein bundeseinheitliches Anbauverbot von GVOs sichergestellt werden (Ziffer1).

Spezielle Empfehlungen
Neben einigen allgemeinen redaktionellen Anmerkungen und Klarstellungen werden spezielle Empfehlungen abgeben, für
Ziffer 5; §16f (1): Die Beteiligung („das Einvernehmen“) der 5 weiteren Ministerien (BMUB, BMG, BMBF, BMWi, BMAS) in Phase 1 ist ersatzlos zu streichen. Aus Kompetenz- und Zeitgründen sollte hier allein das BMEL zuständig sein. Ersatzweise, falls doch die 5 weiteren Ministerien beteiligt werden müssen, sollte nur ihr „Benehmen“ eingeholt werden.

Ziffer 7; §16f(1): Das Aufführen von „zwingenden Gründen“ für das Anbauverbot in Phase 1 sei entsprechend der opt-out-Richtlinie nicht notwendig und daher zu streichen. Entsprechendes würde auch für §16g zutreffen.

Ziffer 13; §16h; In einem neuen Passus wird erwartet, dass im Auftrag des BMEL die Bundesländer sowohl vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit als auch vom Bundesamt für Naturschutz beim Suchen und Erarbeiten von Ablehnungsgründen unterstützt werden.

Ziffer 16; §16i(3): Neu eingeführt werden soll, dass analog dem Erteilen eines Anbauverbotes für dessen Aufhebung ebenfalls eine absolute Mehrheit im Bundesrates notwendig ist.

Ziffer 17; §16j(2): Bei den Ausnahmen soll bei den Forschungszwecken, der einschränkende Zusatz „im Rahmen des Inverkehrbringen“ gestrichen werden.

Ziffer 21: Zur Begründung des Gesetzentwurfs
Der Bundesrat erwartet eine Streichung der Textpassage zu den neuen Gentechniken, zumal diese nicht Gegenstand der opt-out Richtlinie sind. In dem revidierten GenTG solle einer europäischen Regulation nicht vorgegriffen werden.

Die Empfehlungen aus BR-Drucksache 650/1/16 werden an die Bundesregierung weitergeleitet, und sie wird eine Stellungnahme zu den Empfehlungen erarbeiten. Die Stellungnahme der Bundesregierung und die Empfehlungen des Bundesrates werden gemeinsam an den Bundestag zur weiteren Beratung, voraussichtlich am 16.01.2017, versandt. Am gleichen Tag wird eine öffentliche Anhörung zu dem Gesetzentwurf im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft stattfinden.

Bio-Verbände und Politiker aus Bündnis90/Die Grünen sowie der SPD sehen in den Empfehlungen des Bundesrates bereits das Scheitern des Gesetzentwurfes. Teilweise werden die Empfehlungen in ihren öffentlichen Äußerungen falsch widergegeben oder interpretieren sie nach ihren eigenen wirtschaftlichen oder politischen Vorstellungen. Die Äußerung der SPD- Abgeordnete Elvira Drobinski-Weiß: "Eines kann ich sicher sagen: So wie das Gesetz jetzt aussieht, wird es mit uns nicht durchgehen" ist wieder ein Paradebeispiel für Populismus. Es ist eine Binsenweisheit, dass noch nie ein Gesetzesentwurf so wie er in den Bundestag gekommen ist, auch im gleichen Wortlaut im Bundestag verabschiedet wurde. Auf die Bedeutung des Inhalts und seine Auswirkungen des Gesetzes sowohl auf den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Deutschland als auch auf die deutsche Bevölkerung kommt es an. Politiker sollten wieder mehr auf ihre politische Verantwortung für das Gemeinwohl sehen! Es wäre angebracht auch einmal in die jüngste Vergangenheit zurück zu blicken. In einem ähnlichen Vorgehen wurde in den 90ziger Jahren des letzten Jahrhunderts die Weiße Gentechnik aus Deutschland vertrieben. Spät, aber doch hat auch die Politik, einschließlich Politikern aus SPD und einigen von Bündnis90/Die Grünen, die Bedeutung der Weißen Gentechnik – heute industrielle Biotechnologie genannt -  erkannt und mit großen finanziellen Anreizen und Förderprogrammen Unternehmen und Wissenschaftler nach Deutschland Anfang des 21. Jahrhunderts zurückgeholt. Will die Politik tatsächlich mit allen Konsequenzen wieder den gleichen Fehler begehen?
 
Bundesrat-Debatte 16.12.2016
TOP 31: Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes: Drucksache: 650/16 und zu 650/16
Bundesrat Drucksache  650/1/16: Empfehlungen der Ausschüsse zum Entwurf eines vierten Gesetzes zur Änderung des
    Gentechnikgesetzes.
Gentechnik-Gesetz: Länder verlangen umfassende Korrekturen
Gentechnik: Verdiente Quittung für Schmidt

Vorstellung des Gesetzesentwurfs zur Änderung des Gentechnikgesetzes

Am 05.10.2016 wurde der Entwurf zur Änderung des GenTG durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) an Verbände und Vereinigungen zur Stellungnahme versandt. Aspekte aus den Stellennahmen sollten möglicherweise noch vor der Beratung des Entwurfs im Bundeskabinett am 02.12.2016 berücksichtigt bzw. eingebracht werden. Kurz vor den Beratungen im Bundeskabinett wurde am 28.11.2016 eine leicht veränderte Version des Entwurfs (Deutscher Bundestag-Drucksache 18/10459) veröffentlicht. Die Änderung betraf nicht den Gesetzestext. Ein Einschub in der Begründung für die Gesetzesänderung wurde im allgemeinen Teil im 2. Abschnitt vorgenommen.

Einschub: „Die Bundesregierung geht davon aus, dass auch bei der Freisetzung und dem Inverkehrbringen von Organismen, die mittels neuer Züchtungstechniken wie CRISPR/Cas erzeugt worden sind, unter Zugrundelegung des Vorsorgeprinzips und des Innovationsprinzips ein hohes Maß an Sicherheit gewährleistet wird. Vorbehaltlich einer anderweitig bindenden Entscheidung auf EU-Ebene wird zu diesem Zweck im Rahmen von Einzelprüfungen im Gentechnikrecht eine prozess- und produktbezogene Betrachtung und Bewertung zu Grunde gelegt.“

Dieser erläuternde Text hat zwar keine Gesetzeskraft, aber er enthält brisante Gedanken wie „Neue Züchtungsmethoden“, „Vorsorgeprinzip und Innovationsprinzip“, „Prozess- und produktbezogene Betrachtung“ und dies in einem Gesetz, der ein Anbauverbot von gentechnisch veränderte Pflanzen bzw. generell für das Inverkehrbringen GVO besiegeln soll. Fast verständlich löste dieser Passus bei Kritikern und Politikern aus der SPD und Bündnis90/Die Grünen Verwirrung aus und war Anlass vieler Spekulationen. Wer hat diesen Passus noch so kurzfristig und mit welchen Hintergedanken eingefügt? Gleich wurde –wider besseren Wissens - behauptet, dass dies durch das angeblich gentechnikfreundlichen Ministerien für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) und /oder Forschung und Bildung (BMBF) erfolgt ist, um hier einen Türöffner für die Ausnahme der neuen Technologien aus der Gentechnikregelung einzubringen. Wer die Probleme bei Ressortabstimmungen etwas kennt und diese sollten Politiker eigentlich wissen, ist es viel wahrscheinlicher, dass es so lange gedauert hat, bis sich alle sechs Ministerien auf einen Passus geeinigt haben. Es war sicherlich keine ad hoc Entscheidung eines Ministeriums.

Die Einordnung der neuen Züchtungsmethoden, oder allgemeiner der neuen Methoden für gezielte Änderungen im Genom, wird nicht nur von der Politik kontrovers diskutiert, aber aus dem eingefügten Passus können hierzu keinerlei Rückschlüsse gezogen werden. Vielmehr wird ausgeführt, dass
  • eine Entscheidung für die Einordnung durch die EU-Kommission oder des EuGHs abgewartet wird,
  • auch bei Anwendung dieser Methoden ein hoher Maß an Sicherheit für Mensch und Umwelt, entsprechend Artikel 1 des GenTG ewährleistet werden muss,
  • jeweils eine Einzelfallentscheidung durchgeführt werden soll.
Gerade für letzte Punkt ist wichtig: die Einzelentscheidung und nicht eine pauschale Betrachtung.

Allerdings für Kritiker ist dies bedeutungslos, da man ein generelles Verbot der Gentechnik in der Landwirtschaft erreichen will, kann nur eine pauschale Betrachtung in Frage kommen und eine Differenzierung in den Möglichkeiten der neuen Methoden ist unerwünscht.

Bemerkenswert und neu ist die Verknüpfung des Vorsorgeprinzips und des Innovationsprinzips. Aber eigentlich ist dies auch nur die konsequente Umsetzung von Artikel 1, Abs. 3 des GenTG. Dieser Absatz wird aber von den meisten Kritikern und einigen Politikern vollkommen ignoriert.

Die Kritik an der prozess- und produktbezogene Betrachtung zeigt wieder einmal wie wenig unsere deutsche und europäische Gentechnikgesetzgebung gelesen, geschweige verstanden wird. Die Gesetzgebung und insbesondere zur Sicherheitsbewertung war noch nie allein auf den Prozess – hier Gentechnik – bezogen sondern hat immer auch das Produkt miteinbezogen. Einzig für die Positiv-Kennzeichnung ist sie prozessbezogen.

Der Entwurf zur Änderung des GenTG wurde am 02.12.2016 vom Bundeskabinett, trotz des kurzfristig neu eingefügten Passus, ohne Änderungen angenommen und damit auch getragen. Es sei an dieser Stelle nochmals erinnert, dass dem Bundeskabinett Vertreter der CDU und der SPD angehören.

Am 02. Dezember 2016 erfolgte etwas zeitlich überraschend die 1.Lesung zum „neuen“ GenTG im Bundestag. Die kontroversen Ansichten der Parteien zur Gentechnik und zu einem flächendeckenden rechtssicheren Verbot des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen traten sehr deutlich hervor. Deutlich wurde auch, dass die SPD-Fraktion gemeinsam mit der des Bündnis90/Die Grünen das Gesetz in der gegenwärtigen Form nicht akzeptieren können. Die SPD-Fraktion fordert: „Diese Regelung ist kompliziert, zeitaufwändig und unnötig bürokratisch. Dabei wäre die Absprache zwischen den beiden fachlich zuständigen Ministerien - Bundeslandwirtschaftsministerium und Bundesumweltministerium – völlig ausreichend.“ Des Weiteren fordert die SPD, dass nicht nur dem Ausstieg aus der Gentechnik, sondern bei einem Wiedereinstieg in den kommerziellen Anbau von GVO die Mehrheit der Bundesländer zustimmen sollte und die neuen Züchtungstechnologien nach dem Vorsorgeprinzip reguliert werden müssten. Die Grünen fordern die SPD zum Stopp des neuen Gentechnikgesetzes auf und erinnern an Koalitionsvertrag, in dem vereinbart wurde, die Vorbehalte der Bevölkerung gegenüber der Grünen Gentechnik anzuerkennen.

Der Gesetzentwurf wurde in den Agrarausschuss des Bundestages verwiesen. Am 16.Januar 2017 soll eine öffentliche Anhörung stattfinden.

Stellungnahmen von NGOs zum BMEL-Entwurf eines 4.Gesetzes zur Änderung des GenTG

►  AbL-Stellungnahme zum Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes (Stand 5.10.2016) zur Umsetzung
      opt/out-Richtlinie in nationales Recht, 14.10.2016
►  BUND: Stellungnahme zum Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes, 14.10.2016
►  BÖLW-Stellungnahme: Entwurf des Vierten Gesetzes zur Änderung des GenTG, 20.10.2016
►  Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit: Stellungnahme zum Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung
     des Gentechnikgesetzes, 14.10.2016
►  Umweltminister der Bundesländer, 14.10.2016: Offener Brief zum Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des
     Gentechnikgesetzes
►  VLOG e.V. Stellungnahme zum Entwurf des Vierten Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes, 14.10.2016

 Auswahl 29.10.2016

bgf-Jany 10.03.2017
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