Weizen

Erneut gentechnisch veränderter Weizen in den USA gefunden

Im Juli 2016 entdeckte ein Landwirt aus dem US-Bundesstaat Washington nach Behandlung einer Ackerfläche, die seit Frühjahr 2015 nicht mehr bewirtschaftet wurde, mit dem Breitbandherbizid Roundup 22 Weizenpflanzen, die der Spritzung widerstanden hatten. Die Resistenz gegen den Wirkstoff Glyphosat legte die Vermutung nahe, dass hier gentechnische veränderte Pflanzen wuchsen. Am 29. Juli bestätigte das Department of Agriculture (USDA), dass es sich bei den Pflanzen um Glyphosat-toleranten Weizen MON 71700 der Firma Monsanto handelt. Wo sich das Feld befindet und ob die Pflanzen vereinzelt oder in Gruppen verteilt waren, wurde nicht mitgeteilt. Das Feld wurde zuvor nicht für Freisetzungen von gv-Weizen genutzt. Wie die Samen auf das Feld gelangten, ist ungeklärt und wird es wahrscheinlich auch bleiben, wie bei einem ähnlichen Fund 2013 in Orgeon (Ledford H.; 2013). Die Samen stammen nach Angaben von Monsanto sehr wahrscheinlich Freisetzungsversuchen in der Region Pacific Northwest (Oregon, Washington) in den Jahren 19998 – 2001.
Warum ist der Fund von 22 Pflanzen der gentechnisch veränderten Weizenvarietät MON 71700 eine Meldung wert?
Das Auftreten dieser Weizenvarietät 15 Jahre nach Beendigung der Freisetzungsversuche ist außergewöhnlich.
Wie alle anderen gentechnisch veränderten Weizenvarietäten ist auch diese in den Staaten nicht für den Anbau bzw. die Kommerzialisierung zugelassen.
Weltweit besitzt kein gv-Weizen eine Zulassung und in vielen Ländern besteht die „Null-Toleranz“ für nicht zugelassene gv-Pflanzen.
Der Fund hat, auch wenn MON 71700 bislang in der Handelskette nicht nachgewiesen werden konnte, ökonomische Auswirkungen auf den Export von US-Weizen.
Das Auffinden des Transgens bzw. von gv-Pflanzen auf dem Versuchsfeld und /oder in unmittelbarer Nähe nach Beendigung des Versuchs kann grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden und wird daher auch über mehrere Jahre kontrolliert. Das Auftreten kann mehrere Gründe haben:
  • Auskeimen von zurückgebliebenen / ausgefallenen Körnern im nächsten Jahr,
  • Auskreuzung durch Pollenflug,
  • Auskreuzung in Wildarten.
Auf Grund der verminderten Keimfähigkeit von Weizen direkt im Boden sind 15 Jahre nach Beendigung der Freisetzungsexperimente alle drei Fälle höchst unwahrscheinlich. Weizen verliert im Boden nach wenigen Jahren seine Keimfähigkeit.

Gründe für das Auftreten von gv-Pflanzen in größeren Entfernungen vom Freisetzungsfeld könnten eine Verschleppung des Ernteguts während des Transports sowie bei Lagerung oder Versand sein. Die erste Möglichkeit kann sicherlich wieder bedingt durch die Keimfähigkeit der Weizenkörner ausgeschlossen werden.
584 Anträge auf Freisetzungen von gv-Weizen wurden bis 2016 in den USA gestellt.
Nicht allen Anträgen folgten dann auch tatsächlich Freisetzungen und nicht alle Anträge stamm(t)en von Monsanto. Bis 2005 bewegten sich die Freisetzungsflächen vorwiegend zwischen 0,8 – 2 ha. Monsanto bzw. Züchter im Auftrag von Monsanto haben 1997 bis 2004 in 16 Bundesstaaten 256 Feldversuche mit Glyphosat-tolerantem Weizen (RR-Weizen) auf ca. 400 ha unternommen. Einerseits wurden die Freisetzungen für Untersuchungen zu möglichen ökologischen und gesundheitlichen Risiken herangezogen. Anderseits sollte bei den Freisetzungen die Glyphosat-Toleranz, das cp-epsps Genkonstrukt, in regional angepasste Weizensorten eingekreuzt und getestet werden. Hierzu nahm Monsanto landesweit Züchter unter Vertrag. Möglicherweise wurden damals aus den zahlreichen Versuchen nicht alle gv-Weizenkörner ordnungsgemäß verwahrt oder vernichtet. Möglicherweise werden nun bewusst oder unbewusst übriggebliebene Proben illegal entsorgt. Nach Untersuchungen der nationalen Behörde konnte der gv-Weizen
MON 71700 bislang aber nicht in der Handelskette nachgewiesen werden. Auch in Südkorea wurde kein gv-Weizen in importierten US-Weizen detektiert.

Unter sehr ähnlichen Umständen – nach Spritzung mit Roundup – wurde 2013 ein Feld mit Glyphosat-toleranten Weizen in Oregon entdeckt, dem Nachbarstaat von Washington. Hierbei handelte es sich aber um die Monsanto gv-Weizenvarietät MON 71800. Wie der gv-Weizen auf das Feld gelangt ist, konnte auch damals nicht geklärt werden. Da es sich hierbei aber nicht um wenige, einzelne Pflanzen handelte, könnte hier eine Kontamination mit konventionellem Saatgut vermutet werden. MON 71800 wurde im Gegensatz zu dem Fall von 2016 auch in der Handelskette und in für den Export bestimmten Schiffladungen nachgewiesen, was zu erheblichen Konflikten im Vertrieb und Export von US-Weizen führte.

Ein weiterer Fund von gv-Weizen wurde im US-Bundesstaat Montana 2014 gemeldet. Das „Southern Agricultural Research Center (SARC)“ der Montana-Staatsuniversität hatte 2000-2003 in Kooperation mit Monsanto und dem US Department of Agriculture, Animal and Plant Health Inspection Service(APHIS) Freisetzungsexperimente mit gv-Weizen durchgeführt. Die gefundene gv-Weizenvarietät entsprach nicht der ein Jahr zuvor in Oregon gefundenen (MON 71800). Trotz sehr intensiver Untersuchungen konnte nicht geklärt werden, wie ein Jahrzehnt später der gv-Weizen auf das Feld gelangte Cowan T. (2014) Dieser gv-Weizen konnte in der Handelskette nicht nachgewiesen werden.

Ab 2003/2004 betrieb Monsanto auf Druck von US-Weizenanbau- und Vertriebsorganisationen die Kommerzialisierung von RR-Weizen nicht weiter und zog 2004 seinen Zulassungsantrag für MON 71800 zurück. Die Forschungen wurden jedoch nicht komplett eingestellt und lebten ab 2009 verstärkt zur Trocken- und Herbizidtoleranz sowie zur Schädlingsresistenz auch in Kooperation mit der BASF wieder auf. 
Freisetzungen von gv-Weizen in dn USA
Im Wirtschaftsjahr 2014/2015 wurden weltweit 735,9 Mill. Tonnen Weizen geerntet. Obwohl der USA-Anteil an der Welternte weniger als 10% beträgt, gehören die USA mit zu den fünf größten Weizenexporteuren; ca. 50% ihrer Weizenernte wird exportiert. Jeder Einfluss auf die Exportmöglichkeiten wirkt sich wirtschaftlich auf Weizenerzeuger und Weizenhandel aus. Weltweit besitzt kein gv-Weizen eine Zulassung für den kommerziellen Anbau bzw. die Kommerzialisierung. Fast alle Importländer verfolgen eine „Null-Toleranz“ für nicht zugelassene gv-Pflanzen. Daher beinhaltet jedes Auffinden von gv-Weizenvarietäten große Handelshemmnisse, die mit ökonomischen Verlusten für den Exporteur verbunden sein können. Genau wie 2013 verhängten Japan (größter Importeur für US-Weizen) und Südkorea auch 2016 sofort einen Einfuhrstopp und ein Handelsverbot von bereits importierten US-Weizen und Deutschland überprüft ein Importverbot. 2015 wurden 514 Tonnen US-Weizen nach Deutschland importiert.

Inzwischen sind die Importverbote aufgehoben

Literatur und Datenbanken

Datenbank für Freisetzungen USA: http://www.nbiap.vt.edu/search-release-data.aspx
Datenbank für Freisetzungen Europäische Union:
http://gmoinfo.jrc.ec.europa.eu/overview/dbplants.asp
GM wheat field-trial approvals -Regulating gene technology in Australia: http://www.ogtr.gov.au/internet/ogtr/publishing.nsf/Content/fact-gmwheat2016-htm/$FILE/GM%20Wheat%20field%20trial%20approvals%20-%20factsheet%20%20May%202016.pdf

Cowan T. (2014): Unapproved Genetically Modified Wheat Discovered in Oregon and Montana: Status and Implications. Congressional Research Service: https://www.fas.org/sgp/crs/misc/R43100.pdf
Erickson B.E. (2016): Illegal GMO Wheat Discovery in Washington State Causes Global Export Panic.
Ledford H. (2013): Hunt for mystery GM wheat hots up. Bature 499, 262-293
Quarantined Washington state wheat tests negative for GMO: USDA
South Korea say finds no GMO in U.S. wheat imports
Landwirtschaftsministerium prüft Importverbot für US-Weizensorte
Japan resumes imports of U.S. Western white wheat.

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