Die Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EC bezieht sich auf das absichtliche Freisetzen und das Inverkehrbringen von GVO und somit auf lebende GVO. Für Lebensmittel- und Futtermittel müssen die Verordnungen 1829/2003 (Zulassung, Inverkehrbringen und Kennzeichnung) und 1830/2003 (Rückverfolgbarkeit) herangezogen werden.
Der Geltungsbereich (Zulassung und Überwachung; Lebensmittel, Art. 3; Futtermittel, Art. 15) der Verordnung 1829/2003 umfasst
● GVO, die als Lebens- oder Futtermittel verwendet werden sollen,
● Lebens- und Futtermittel, die GVO enthalten oder aus solchen bestehen,
● Lebens- und Futtermittel, die aus GVO hergestellt oder Zutaten aus GVO enthalten.
Keine Anwendung findet die Verordnung auf Produkte, die mithilfe von GVO hergestellt wurden.
Der Kennzeichnungsverpflichtungen werden in Art. 12 (Lebensmittel) und Art. 24 (Futtermittel) geregelt und gelten für Erzeugnisse, die
● GVO enthalten oder daraus bestehen oder
● aus GVO hergestellt werden oder Zutaten enthalten, die aus GVO enthalten.
Für die Definition (Begriffsbestimmungen) eines GVOs bezieht sich Verordnung 1829/2003 in Artikel 2, Abs. 5 auf die Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EC.
„GVO“ einen genetisch veränderten Organismus im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 der Richtlinie 2001/18/EG, mit Ausnahme von Organismen,
bei denen eine genetische Veränderung durch den Einsatz der in Anhang 1B der Richtlinie 2001/18/EG aufgeführten Verfahren herbei geführt wurde,“
Der EuGH hat aus Gründen der Rechtskonformität in Hinblick auf die Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EC die Gültigkeit von Artikel 2, Abs. 5. nicht verneint bzw. zugelassen. Art 2, Abs. 5 muss entsprechend dem EuGH-Urteil C-528/16 interpretiert werden. Dies bedeutet wieder, dass die Organismen, die mithilfe der „alten“ klassischen Mutageneseverfahren erzeugt wurden, nicht den Verpflichtungen aus der Verordnung (EC) Nr. 1829/2003 unterliegen. Somit bedürfen diese Organismen und aus ihnen gewonnene Erzeugnisse
● keiner gv-spezifische Sicherheitsbewertung,
● keine gv-spezifische Zulassung für ihr Inverkehrbringen,
● keiner gv-spezifische Rückverfolgbarkeit und
● keiner gv-spezifische Kennzeichnung.
Mit dem EuGH-Urteil hat sich die Rechtslage hinsichtlich der Definition eines GVOs nicht geändert. Ebenso hat es die Ausnahmeregelung in Annex 1B, Nr. 1 nicht berührt bzw. verändert. Das EuGH-Urteil hat nur eine Konkretisierung in Annex 1B, Nr. 1 in der Einordnung von Organismen, die durch Mutageneseverfahren gewonnen wurden, herbeigeführt, indem es die Unterscheidung zwischen Organismen, die mithilfe der „alten“ klassischen Verfahren und denen, die mit den neuen Verfahren der Genomeditierung gewonnen wurden.